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It’s the frei<tag> 2012-Countdown (14): Wie leben wir heute?

Posted in LIBREAS Veranstaltungen, LIBREAS.Feuilleton, LIBREAS.Verein by Karsten Schuldt on 2. August 2012

Karsten Schuldt

Wie leben wir eigentlich heute? Die Frage ist immer berechtigt, aber da wir hier gerade einen Countdown haben, der auf einen Countdown rekurriert welcher vor einem Jahr gezählt wurde, drängt es sich etwas auf: Was ist eigentlich passiert in diesem Jahr? Hat sich etwas verändert? Was hat sich verändert? Stehen wir anderswo? Denn wenn dem nicht so wäre, bräuchten wir dann noch eine weitere Unkonferenz? Wäre dann nicht alles schon gesagt?

Hier haben wir schon die These: Es hat sich etwas verändert, wenn auch eher graduell. Wissenschaft und Bibliothekswesen bewegen sich ja eher langsam. Aber: Linked Open Library Data scheint heute ein weiter verbreitetes Thema zu sein, als 2011. Man muss es nicht mehr erklären. (Oder?) Das als Beispiel. Open Access und Probleme um das Urheberrecht waren schon im letzten Jahr Thema, aber ist es 2012 nicht weiter fortgeschritten? ACTA ist tot, dass war letztes Jahr vielleicht zu hoffen, aber noch lange nicht durch. Als im letzten Jahr die IWP zu De Gruyter Saur Verlag wechselte passierte ausser einigen Vorwürfen in Blogs und Mailinglisten praktisch nichts; als 2012 die Bibliotheksdienst den gleichen Schritt ankündigte, begann innerhalb von Tagen (oder waren es nur Stunden) Diskussionen darum, dass wir eine weitere Open Access Zeitschrift brauchen. (Ob wir sie 2013 dann online sehen, ist eine andere Frage.) Aber das geht mit Entwicklungen in anderen Forschungsrichtungen einher, wo Open Access immer weniger ein Randthema ist. Nicht zu vergessen, dass nicht mehr nur die Piraten, Anonymous und das dazugehörige Umfeld darüber redet, dass wir das Urheberrecht unbedingt verändern müssen, sondern das dies praktisch zum politischen Allgemeinsatz geworden ist.

Was noch? 2011 schien es so, als würde RDA weiter auf die lange Bank geschoben, jetzt scheint es vor der Tür zu stehen. Vielleicht ist das nur eine stille Hoffnung, aber scheint es nicht so, dass damit wieder mal Katalogtheorie betrieben würde? 2011 war Forschungsdatenmanagement noch neu und spannend, heute ist das Thema fast schon wieder durch. Wer hat denn noch nicht etwas dazu gesagt? Und die Sozialen Netzwerke verändern sich. Erinnert sich noch jemand daran, wie omnipräsent Facebook letztes Jahr war? Facebook, die Firma, wo alle darauf warten, dass sie zusammenbricht. (Meine Wette: So August 2013.)

Der Zürichsee. Vor einem Jahr war der auch schon da, wo er jetzt ist, aber wer hätte gedacht, dass eine Karte für die frei<tag> je an ihm vorbeifahren wird? Die Welt und die Leben sind anders geworden, wenn auch leicht. Wie gesagt: Der See war schon da, vieles andere auf dem Bild auch, aber die Potentialität nicht. So sind die Dinge offenbar.

Und es ist nicht zu bestreiten: Auch wir werden älter. Folgende Mail kam letztens bei mir von meiner alten Kollegin an und hat den Text hier motiviert:

Hier läuft alles eigentlich wie immer – nur, dass es jetzt gemeinsam mit der [XYZ] ein paar Gastprofessuren geben wird, die hier Seminare zu verschiedenen Themen geben werden. Am Großantrag wird demnächst in veränderter Runde vermutlich weiter gearbeitet, nachdem es erstmal eine längere Pause gab. Die größte Veränderung hier ist vielleicht eine personelle. Ich werde zu Ende Juli gehen und habe heute gerade meine Nachfolgerin eingearbeitet … In der Hoffnung, dass ich dann die Probezeit ebenso erfolgreich überstehe, wie du 😉

Die Mail deutet an, was bei so vielen Kolleginnen und Kollegen zu beobachten ist: Vieles scheint sich nur langsam zu bewegen oder gar nicht zu verändern („Am Großantrag wird demnächst in veränderter Runde vermutlich weiter gearbeitet, […]“), aber doch ändern sich Dinge („ein paar Gastprofessuren geben wird […]“) und vor allem persönlich geht es immer weiter. Als wir beide (und andere) im Sommer 2011 zusammen in unseren alten Stellen arbeiteten, machte wir immer wieder Witze, dass wir alle nicht mehr da sein werden, wenn die Dinge sich ändern … jetzt sind wir wirklich nicht mehr da. Einige von uns haben schon die Probezeit auf den nächsten Stellen bestanden, andere werden das in ein paar Monaten getan haben.

Ist das gut, ist das schlecht? Macht es zumindest zwischendurch nachdenklich? Mir scheint, solches kurzes Innehalten ist immer wieder mal eine Erinnerung daran, dass sich unsere Umgebung trotz allem sichtbaren Stillstand weiter bewegt. Die Langsamkeit der Veränderungen und Kommunikation, die wir immer wieder einmal bemängeln, sie ist kein Hindernis für die Entwicklung (Fortschritt wollte ich schon schreiben, aber das ist umstritten). Das heisst auch, dass die ganze Kommunikation, die wir so auf Konferenzen, in Zeitschriften und Blogs betreiben, gar nicht so unsinnig ist, wie sie uns manchmal vorkommt. Was nicht heisst, dass alles dufte wird, aber am Ende des Tages haben wir trotz aller Wiederholungen doch auch im Bibliothekswesen einen fortschreitenden Aufbau von Wissen. Immerhin.

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