LIBREAS.Library Ideas

LIBREAS # 21 – Bilder, Graphen, Visualisierungen

Posted in LIBREAS aktuell, LIBREAS.Visualisierung by libreas on 24. Oktober 2012

„In the last ten years the area of Information Visualization has witnessed an exponential increase in its popularity. Diagrammatic reasoning and visual epistemology are becoming readily accepted methods of research in many academic domains.“

Man musste nicht unbedingt auf Gaia Scagnettis Grundlagenartikel in der aktuellen Ausgabe des Parsons Journal for Information Mapping (The Diagram of Information Visualization. In: PJIM, Vol. IV, Iss.4 PDF-Download) warten, um mitzubekommen, dass Informationsvisualisierung ein Thema der Stunde ist. Und zwar stabil schon seit einigen Jahren. Vielleicht lassen sich die auflaufenden Datenmengen u.a. im Zuge von Massendigitalisierungen auch gar nicht mehr anders in ihrer Komplexität wissenschaftlich überschauen als mit Verfahren der Visual Epistemology (o.ä.).

Als informationsvisualisierende Metabetrachtung zur Informationsvisualisierung – bzw. einfach als Überblicksartikel – ist der Beitrag durchaus eine Empfehlung, die wir vielleicht sogar als solche in der aktuellen LIBREAS-Ausgabe referenziert hätten, wäre er nur eine Woche früher erschienen. Oder LIBREAS #21 eine Woche später. Denn mehr oder weniger überraschend haben wir das Thema Visualisierung (+Bilder, +Graphen) für diese Ausgabe zum Schwerpunkt gewählt und eröffnen denn auch gleich mit einem Beitrag zur Diagrammatik. Alles weitere unter www.libreas.eu. Mehr zum Thema gibt es selbstverständlich auch dann und wann hier im Blog in der Kategorie LIBREAS.Visualisierung.

Cover LIBREAS 21 - Informationsvisualisierung

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkt: Bilder, Graphen, Visualisierungen

Linda Treude, Sascha Freyberg: Diagrammatik und Wissensorganisation

Martin Warnke: Explicit Art Historical Image Referencing on a Big Scale

Ben Kaden: Das Konzept Wunderkammer heute

Ivana Jovics: LIBREAS Fashion: Muster und Folklore. Ivana Jovics anziehende Statistikdiagramme. (bk)

Paul Vierkant: Global Distribution of Open Access Items

Sabine Wolf: Augmented Reality – Neue Möglichkeiten für Bibliotheken, Services für Kunden einfach darzustellen

Karsten Schuldt: Der Katalog: Repräsentation von Medien als Geschichte des Denkens über Wissen, Information, Medien, Nutzerinnen und Nutzern

Bernd Juraschko: Die Wiener Klassifikation als Instrument für Bildbeschreibungen in Museen und Bibliotheken

Freier Teil

Sibel Ulucan: Hybride Bibliothek – eine Begriffsneubestimmung

Ben Kaden, Karsten Schuldt: Welcher Art Wissenschaft soll die (Bibliotheks- und) Informationswissenschaft sein?: Ein Workshop-Bericht

Rezensionen

[Rezension:] Brigitte Lutz: Holderried, Angelika; Lücke, Birgit, Hrsg. (2012): Handbuch Schulbibliothek. Planung, Betrieb, Nutzung

[Rezension:] Ben Kaden: Kodex Jahrbuch: Die Digitale Bibliothek

Call for Papers / Ausgabe #22 Recht und Gesetz

Posted in LIBREAS Call for Papers by libreas on 24. Oktober 2012
[ Call for Papers #22 als PDF]

von Redaktion LIBREAS – Ausgabe #22 von LIBREAS

Call for Papers Recht und Gesetz
Das als Gesetz und Verordnung kodifizierte Recht zieht in das gesellschaftliche Leben Grenzen ein. Damit setzt es die Vorbedingungen des Zusammenlebens und gibt den Individuen und Institutionen Orientierung für ein – in diesem Bezugsrahmen – normativ richtiges Handeln. Es kann Macht zuteilen oder aberkennen. Obwohl die Gesetze selber einer ständigen Kritik unterliegen, die Umsetzung der Gesetze und Verordnungen ebenso als Quelle der Friktionen bekannt ist und gegen die meisten Gesetzgebungsverfahren der Einwand erhoben wird, nicht ausreichend transparent zu sein: Bibliotheken, Informationseinrichtungen, Dienstleister im Informationsbereich, die bibliotheks- und informationswissenschaftliche Forschung können diesen Rahmen nicht verlassen. Sie wollen es gar nicht, wenngleich insbesondere das Urheberrecht politischem Druck ausgesetzt ist, welcher zum Teil auch vom Bibliotheks- und Informationswesen getragen wird.
Aber was genau heißt in der Bibliothekspraxis, das Gesetz nicht zu übertreten? Wie sieht der Raum, den das Gesetz für die Informationspraxis umreißt, eigentlich genau aus? Was darf getan werden und was nicht? Wie unterscheiden sich diese Räume im internationalen Rahmen? Repräsentiert das Recht die gesellschaftlichen Anforderungen an Informationsnutzung? Sollten die Gesetze, insbesondere – sofern vorhanden – Bibliotheksgesetze, aus Sicht der Informationseinrichtungen und ihrer Akteure, geändert werden? Wie sollten sie aussehen? Damit möchte sich die LIBREAS Ausgabe #22 beschäftigen. Uns interessiert zudem die Frage, wie Bibliotheken und Informationseinrichtungen eigentlich mit den möglichen Grenzen des Gesetzes umgehen? Wie verhindern sie ungewollte Übertretungen? Was tun sie, wenn sie doch solcher angeklagt werden? Oder sind sie, wie ihnen manches Mal vorgeworfen wird, viel zu vorauseilend und nehmen sie sich damit selber Rechte weg? Übertreten sie zum Teil die einen Rechte – zum Beispiel ihrer Nutzerinnen und Nutzer – um andere Rechte – zum Beispiel die der Content Provider – zu weitgehend durchzusetzen?
Nicht zuletzt erheben insbesondere Bibliotheken innerhalb des Diskurses „Informationskompetenz“ immer öfter den Anspruch, ihre Nutzerinnen und Nutzer dazu anzuhalten, die Rechte aller Beteiligten am Produktionsprozess von Medien zu achten. Was ist damit eigentlich gemeint? Ist das überhaupt sinnvoll und berechtigt? Sollen Bibliotheken das tun oder ist das nicht, wenn überhaupt, Aufgabe dieser Beteiligten alleine? Sollen Bibliotheken Piraten sein, sollen sie die Interessen von Verlagen und Labeln vertreten, von Künstlerinnen und Autoren oder radikal die der Nutzerinnen und Nutzer? Oder sollen sie ganz und gar neutral bleiben?
Zuletzt drängt sich auf, dass Informationseinrichtungen und Bibliotheken als Infrastruktur gerade im Prozess der Rechtsprechung relevant sind. In Gerichten und Kanzleien sitzen, zumeist verteilt und als One Person Libraries organisiert, Kolleginnen und Kollegen und tragen dafür Sorge, dass die rechtlichen Prozesse geführt werden können. Ebenso werden gesetzgebende Institutionen von Kolleginnen und Kollegen direkt unterstützt. Während ihre Arbeit offenbar im Gegensatz zur (medizinischen) Autopsie nicht cool genug für Fernsehserien sind – warum eigentlich? – würden wir uns freuen, wenn einmal ein Licht auf sie und ihre verantwortungsvolle Arbeit geworfen wird.
Wir rufen dazu auf, insbesondere aus der Praxis – egal ob in den Einrichtungen und bei der informationsbezogenen Arbeit, als auch aus der politischen und gesetzgeberischen Praxis – zum Themenbereich Recht und Gesetz Beiträge für die nächste Ausgabe der LIBREAS einzureichen. Dem Thema entsprechend werden sie hoffentlich kritisch und reflexiv sein. Wir freuen uns auf spannende Diskussionen, Berichte aus der Praxis und widerstreitende Positionen.

Redaktionsschluss für die LIBREAS #22 ist der 31. Januar 2013. Für Einsendungen oder weitere Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktion LIBREAS (redaktion@libreas.eu) oder einzelne Redakteurinnen und Redakteure (www.libreas.eu/formal/impressum.htm).

Redaktion LIBREAS
(Berlin, Bielefeld, Chur, Mannheim)

These: Die New Left ist Schuld am beklagenswerten Zustand der bibliothekarischen Literaturberatung

Posted in LIBREAS.Feuilleton by Karsten Schuldt on 15. Oktober 2012

von Karsten Schuldt

Zu: Dilveko, Juris ; Magowan, Candice F.C. / Readers‘ Advisory Service in North American Public Libraries, 1870-2005. Jefferson, North Carolina ; London : McFarland, 2007.

 

Readers‘ Advisory Service in North American Public Libraries, 1870-2005 scheint auf den ersten Blick eine historische Studie über ein spezifisches Bibliotheksthema darzustellen. Realistisch betrachtet ist es aber eine in weiten Strecken unerfreuliche Ausbreitung eines einzigen ideologischen Arguments, nämlich dass die heutige Situation (beziehungsweise die Situation im Jahr 2007) der Literaturberatung in US-amerikanischen Public Libraries beklagenswert sei und die Schuld dafür bei der New Left der 1960er und 1970er Jahre zu verorteten ist. Oder mit anderen Worten: Das Buch ist ein politische Polemik aus der nordamerikanischen Rechten, welche sich allerdings nicht so sehr gegen die Linke, sondern gegen den vorgeblichen Werteverfall in Bibliotheken und Kultureinrichtungen richtet. (Zu vermerken ist, dass die beiden AutorInnen an der Universität Toronto und nicht in den USA angestellt sind beziehungsweise waren. Sie argumentieren aber, als wären sie vor allem Teil des US-amerikanischen Diskurses.) (more…)

Hart aufgeschlagen. Die Sonderbriefmarke „100 Jahre Deutsche Nationalbibliothek“.

Posted in LIBREAS.Feuilleton by Ben on 3. Oktober 2012

Für die Freunde gehobener Briefmarkengestaltungskunst ist der Jahresausklang  nach einem eher durchwachsenen Jahr 2012 durchaus versöhnlich. Peter und Regina Steiner legten zum 13.09. eine fantastische Marke der Serie „Für die Kinder“ vor. Anna Berkenbuschs Entwurf für die Thüringer Landschaftsmarken „Drei Gleichen“, die am 11.10. an die Schalter kommt, überzeugt in ihrem Minimalismus. Für die Briefmarke zum Jubiläum „100 Jahre Domowina“ entwarf die Buchillustratorin Kitty Kahane eine zauberhafte Vogelhochzeit. Die Ausgabe zum ersten amtlichen Postflug (Entwurf Annegret Ehmke) bekommt (bis auf den etwas faden Bogenrand) den Gegenstand unaufgeregt so zu fassen, wie es dem Anlass angemessen ist. Und gleiches gilt für die ebenfalls sehr schlicht gehaltene Ausgabe „50 Jahre Vatikanisches Konzil“. Selbst die denkbar simple Jahreszeitenmarke „Herbstferien in Deutschland“ nimmt man gern zur Hand, befeuchtet gut gelaunt die Gummierung und klebt sie fröhlich auf den Brief an einen wichtigen Menschen. Und schließlich entspricht  die von Annegret Ehmke gestaltete 85 Cent (=Büchersendung, ab 01.01.2013 leider nicht mehr)-Briefmarke „200 Jahre Deutsche Bibelgesellschaft“ erwartungsgemäß wenig revolutionär aber dafür präzise genau dem Beuteschema, das alle Bibliophilatelisten umtreibt.

Die Auswahl des Motivs für die langerwartete Ausgabe „100 Jahre Deutsche Nationalbibliothek“ ist dagegen leider besonders aus bibliophilatelistischer Sicht eher eine wirklich und fahrlässig dahingeschenkte Gelegenheit. Unverbindlicher als mit einem aufgeschlagen Buch (in rotem Leineneinband) und einem unmotiviert eingelegtem gelben Lesebändchen hätte man dem Anlass kaum begegnen können.

100 Jahre Deutsche Nationalbibliothek - Sondermarken mit Ersttagsstempel

Mit Vollstempel wird es abstrakt. Und vielleicht dadurch etwas ansehnlicher. Ansonsten ist die Briefmarkenausgabe zum Jubiläum bedauerlicherweise eine verschenkte Hunderprozentige. Schade. (Die 10 Euro-Gedenkmünze zum Ereignis ist dagegen vergleichsweise ein Stempelglanzpunkt.)

Sicher rühren bei solchen herausragenden Anlässen immer viele Köche im gestalterischen Brei herum, aber so sehr man sich auch müht: das verdächtig an ein Stockphoto erinnernde Ergebnis des Kommunikationsdesigners Wilfried Korfmacher ist in seiner stereotypen Schlichtheit eines, das man sich eher trotz als aufgrund des Designs ins Album steckt.

Mehr noch: Nicht einmal das Klischee wird konsequent ausgespielt. Selbst wenn man gewohnt ist, auch mit halbgaren Resultaten eher nachsichtig umzugeben: Angesichts der eminenten Bedeutung von Jubilar und Jubiläum und des Potentials im Topos „Nationalbibliothek“ handelt es sich um eine blanke Enttäuschung. Weder Rückschau noch Hinwendung zur Integration digitaler Entwicklungslinien kommen in irgendeiner Form zur Geltung. Die geschichtliche Dimension im Kontext der deutschen Teilung, die Bibliothek als zentrales Erkenntnisnarrativ gerade im 20. Jahrhundert, ihre Aufgabe als Speicher (bzw. kulturelles Gedächtnis) all dessen, was seit 100 Jahren in Deutschland (und im deutschsprachigen Raum) in allen dazwischen liegenden historischen Fassungen erschien oder wenigstens die Bibliothek selbst als vielschichtige Metapher hätten zahllose Ansatzpunkte ergeben.

Diese Umsetzung wirkt dagegen derart unmotiviert und lieblos wie der Beschreibungstext der Postphilatelie zur Ausgabe:

„Die Deutsche Nationalbibliothek bietet neben der Nutzung ihrer Sammlungen in Leipzig und Frankfurt am Main Dienstleistungen für Bibliotheken, Buchhandel, wissenschaftliche Einrichtungen und individuelle Benutzer an.“

Das ist nicht falsch, jedoch in etwa so angemessen, wie der Hinweis, dass man mit einem Lamborghini Aventador auch rückwärts einparken kann.

Und auch die parallel erschienene Sammelmappe „Bibliotheken“ wirkt eher wie hastig nebenbei konzipiert. Die Anschaffung als Basis für eine bibliophilatelistische Sammlung lohnt dennoch dann, wenn man die Ausgaben nicht einzeln beim Briefmarkenhändler zusammensuchen will. Wobei man auf diesem Weg wieder deutlich unter dem Preis der Mappe bleiben dürfte.

Immerhin die traumhafte Ausgabe „500 Jahre Weltkarte von Martin Waldseemüller“ liegt der Kollektion genauso bei wie  die berühmte Marke „Universitätsbibliothek Saarbrücken“ aus dem Mai 1953. Letztere zeigt übrigens, dass mitunter auch eine simple, gut gestochene Gebäudeansicht als Würdigung einer Bibliothek überzeugen kann.

Nun hat die Deutsche Nationalbibliothek das Problem mehrerer Standorte. Die beiden Ersttagsstempel bilden das ab und zeigen, was in Richtung einer Architekturabbildung auch für die Marke denkbar gewesen wäre. Vermutlich sind aber die Hürden für eine Doppelausgabe, wie es bei den Jugendmarken 2011 (Astronomie) hervorragend umgesetzt wurde, ein wenig zu hoch für ein schlichtes Nationalbibliotheksjubiläum. Und überdurchschnittlich mitreißend, das muss man auch zugeben, war eigentlich kaum eine bibliophilatelistische Emission in der eutschen Ausgabegeschichte.

Gerade deshalb hätte man zum aktuellen Ereignis mal etwas wagen können und vielleicht auch müssen. Stattdessen unterbot man sich noch ein bisschen weiter und repräsentiert den Kulturspeicher der Nation durch einen aufgeblätterten Oeckl mit Lesezeichen. Man mag nur hoffen, dass das nicht richtungweisend für das nationale Bibliothekswesen ist.

Zu befürchten bleibt aber genau das, jedenfalls wenn man Andreas Platthaus‘ Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von den Feierlichkeiten liest:

„Wäre nicht Alexander Skipis vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels noch als Gratulant aufgetreten, hätte der Abend eine Unverbindlichkeit gehabt, wie sie im Buche [sic!] steht. So aber wurde zumindest noch ein vehementes Plädoyer fürs Urheberrecht gehalten […]“

Gerade diese Institution hätte für ihr Jubiläum doch etwas mehr an Schöpfungshöhe verdient.

Ben Kaden / 03.10.2012