LIBREAS auf dem Bibliothekskongress 2019
Wenn sich große Teile der Bibliotheksszene im März in Leipzig auf dem Bibliothekskongress treffen werden, wird auch die LIBREAS-Redaktion (zumindest ein Teil) dort weilen. Sie treffen uns / ihr trefft uns in folgenden Veranstaltungen.
Gerne laden wir vor allem zum gemeinsamen Treffen respektive Chillen mit der Redaktion am Montag-Abend ein.
Montag, 18.03.2019
- Karsten Schuldt: Warum funktioniert mein partizipatives Projekt nicht richtig? Kritik und Fallstricke (11:00-11:30, Saal 3)
- Treffen / Chillen mit der Redaktion im “Volkshaus Leipzig” (19:00- open end, Karl-Liebknecht-Straße 30-32, zwischen Tram-Station “Hohe Straße” und “Südplatz”, http://www.volkshaus-leipzig.de/)
Dienstag, 19.03.2019
- Karsten Schuldt, Alexandra Jobmann, Peter Jobmann, Maik Stahr: Die Bibliothek als gesellschaftliche Institution – #critlib (Teil 2) (09:00-11:00, Beratungsraum 3)
Mittwoch, 20.03.2019
- Linda Freyberg, Sabine Wolf: Smart Libraries – Mit Beispielen, Modellen und Methoden zur Bibliothek der Zukunft. Hands-On Lab analog (09:00-11:00, Beratungsraum 2)
- Najko Jahn, Uwe Müller: DINI Metadata Crunch: Praktische Schritte zur Nachnutzung von Metadaten aus DINI-zertifizierten Repositorien (16:00 – 17:30, Seminarraum 13)
Die Erklärung von Stavanger mit einem Schwenk zum Open Access. Serviert in der FAZ.
Eine Notiz von Ben Kaden (@bkaden)

Screenshot FAZ 13.02.2019 / Screen oder Zeitung? In den pressevertriebsstrukturschwachen Regionen auch Berlins ist das keine Frage. Allein deshalb sollte die FAZ die Digitalisierung umarmen und in der Vertriebspraxis tut sie das auch. Thomas Thiel hat dennoch seine Zweifel und sieht sie nach Stavanger bestätigt.
Die Frage „Buch oder Bildschirm?“, also auf welcher Medienoberfläche sich besser lesen lässt, treibt die Welt faszinierenderweise auch 2019 um – zum Beispiel im „Forschung und Lehre“-Teil der FAZ vom 13.02.2019. Der Anlass für Thomas Thiel (hier als tth) besteht in der so genannten Stavanger-Erklärung („E-READ“, weiter Informationen) zur Lesekompetenz. Deren Haupteinsicht lautet in etwa, dass das Lektüreziel die Wahl des Lektüremediums bestimmt und Gedrucktes besser für ein Tiefenverständnis funktioniert. Der FAZ-Redakteur versucht nun zu beleuchten, was die nicht gerade überraschende, nun aber empirisch nochmals verifizierte Erkenntnis, dass Papier nach wie vor Relevanz und Wert in der Rezeptionskultur besitzt und vermutlich behalten wird, für die Digitalisierungsstrategien in der Wissenschaft bedeutet. Dass die Textpraxis der wissenschaftlichen Kommunikation kein Gegenstand der Stavanger-Perspektive selbst war, spielt dabei offenbar keine Rolle. Für die Lehre sind die Einsichten fraglos hochrelevant und Erfahrungen aus der Lehrpraxis zeigen, dass die Frage wie viel und wie komplex Text für Studierende sein sollte, jede Semesterplanung maßgeblich prägt. Neu ist diese Frage freilich ebenfalls nicht. (more…)
Lob der Bibliothek oder Propaganda für die ALA?
Karsten Schuldt
Zu: Susan Orlean. „The Library Book”. New York et al.: Simon & Schuster, 2018
Was soll man zu diesem Buch sagen?
In „The Library Book” erzählt Susan Orlean – eine Journalistin, keine Bibliothekarin – vier Geschichten:
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Die Geschichte vom Brand in der Zentralbibliothek der Los Angeles Public Library 1986 und von dem jungen Mann, der verdächtigt wurde, dieses Feuer gelegt zu haben.
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Die Geschichte der gleichen Bibliothek von der Gründung bis heute.
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Eine Reportage darüber, was heute alles in dieser Bibliothek passiert.
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Und zuletzt ihre persönliche Geschichte wie sie in jungen Jahren mit ihrer Mutter ständig die Bibliothek, in deren Nähe sie aufwuchs, besuchte.
Das alles ist lose miteinander verbunden und abwechselnd in kurzen Kapiteln erzählt. Zum Schluss des Buches ist die Geschichte der jungen Mannes – Harry Peak – zu Ende erzählt (er stirbt in Florida an AIDS ohne für den Brand verurteilt zu sein), gleichzeitig wird Zweifel daran geäussert, ob der Brand überhaupt absichtlich gelegt wurde; zugleich ist die Geschichte der Bibliothek – inklusive des Wiederaufbaus nach dem Brand – in der Jetztzeit angekommen, sind verschiedene Aufgaben, Bereiche und Personal der Bibliothek vorgestellt worden und hat die Autorin gelernt, dass die Bibliothek sie immer noch an die Zeiten Ihrer Kindheit und Jugend erinnert, auch wenn heute vieles anders ist als damals. Das Buch ist auch sichtbar mit Bedacht ausgestattet worden: Das Papier und der Umschlag sehen leicht verbraucht aus, statt Kapitelüberschriften finden sich je vier bibliographische Angaben (Titel, Jahr, Autor/in, DDC-Nummer) mit Bezug zum Thema des jeweiligen Kapitels. Die letzte Umschlagseite bildet eine (gezeichnete) Buchkarte ab. Was kann man daran nicht mögen?
Eines: Das Buch liesst sich über weite Strecken – fast immer, wenn es sich nicht mit Harry Peak und seiner Geschichte befasst – wie Propaganda der ALA (oder eines anderen Bibliotheksverbandes). All die Schlagworte und Themen, mit denen Bibliotheksverbände heute versuchen, Bibliotheken zu präsentieren, kommen vor – nur vielleicht gekonnter dargestellt,als das Bibliotheksverbände im Allgemeinen tun: Bibliotheken als soziale Orte, als offene Orte für alle, als Orte für verschiedene Veranstaltungen für verschiedene Nutzerinnen und Nutzer, als Ort für Kinder und Jugendliche, als Ort für persönliche Recherchen, für das Lesen, für Bildung, als einer der Orte, der Menschen ohne festen Wohnsitz Hoffnung gibt. Mehrere Bibliothekarinnen und Bibliothekare werden als interessante und engagierte Personen vorgestellt. Das eine Bibliothek viele, viele unterschiedliche Medien hat – elektronische, gedruckt und überraschendere Sammlungen. All das. Plus die erwähnte positive Geschichte der Autorin selber (die immerhin erfolgreiche Autorin wurde) und die nicht unspannende Geschichte des Brandes selber – die sich dann in Teilen auch wieder wie gute Propaganda über die soziale Bedeutung der Bibliothek liest, wenn sich sowohl zum Ausräumen der Bibliothek nach dem Brand als zum Einräumen vor der Wiedereröffnung hunderte Freiwillige einfinden und wenn lokal ansässige Firmen mit Infrastruktur, Personal und Geld einspringen, um die Bibliothek zu retten.
Zwischendurch werden auch einige eher nicht so positive Geschichten erzählt – wie Anfang des 20. Jahrhunderts die Chefbibliothekarin vom Library Board zum Rücktritt gezwungen wurde, nur damit sie von einen Chefbibliothekar (der eher Abenteurer denn Bibliothekar war) ersetzt werden konnte, was lange (und berechtigte) Proteste der damaligen Frauenbewegung nach sich zog, und wie der zur Bibliothek gehörige Park für einen Parkplatz abgerissen wurde. Aber mehr auch nicht.

The Library Book als Bibliotheksbuch
Dieses Buch erzählt also vor allem das, was Bibliotheken heute wohl gerne über sich hören. Vielleicht, weil die Autorin überzeugt wurde. Sie erscheint die ganze Zeit wahrhaft überzeugt von dem, was sie darstellt. Es gibt aber eine Stelle, die etwas Zweifel streut: In einem Kapitel bespricht die Autorin andere Bibliotheken, die über die Jahrhunderte verbrannt wurden. Das ist selbstverständlich mit einem breiten Pinsel gezeichnet, da der Platz kurz ist. Trotzdem kommen – zu Recht – auch die Bücherverbrennungen zu Beginn des nationalsozialistischen Deutschlands – beziehungsweise die Aktion „Wider den undeutschen Geist” – vor, allerdings in einer historisch ungewohnten Weise: Die Autorin besteht darauf, die ganzen Vorgänge mehrfach explizit als „Feuersprüche” (in Deutsch) zu bezeichnen, obwohl diese „Feuersprüche” nur ein Teil der Inszenierung waren. Das ist recht ungewöhnlich. Zudem schreibt sie die Bücherverbrennungen einzig den Nazis direkt zu, obgleich heutige Darstellungen immer wieder darauf hinweisen, dass die Studentenschaften die Aktion organisierten und die NSDAP erst darauf einstieg. Das sind Kleinigkeiten und auch keine, welche die historische Wahrheit verfälschen würden. Aber es hinterlässt den Eindruck, als hätte die Autorin an dieser Stelle ungenau, oberflächlich recherchiert. Vielleicht nur bei diesem einen Punkt (der vielleicht auch nur im deutschen Sprachraum wirklich auffällt), aber solche Ungenauigkeiten verleiten schon zu der Frage, wie tief die anderen Kapitel eigentlich recherchiert wurden – und nicht eher das wiedergegeben, was die Bibliothekarinnen und Bibliothekare vermitteln wollten.
Aber auch wenn man annimmt, dass das Buch genau das darstellt, was der Autorin aufgefallen ist, als sie über die Los Angeles Public Library nachdachte und diese besucht, ist das Buch ein Realitätscheck für den bibliothekarischen Diskurs: Wenn das wirklich ist, wie die Öffentlichkeit von Bibliotheken wahrnimmt und wie sie Bibliotheken sieht, ist überhaupt nicht mehr klar, wieso es im bibliothekarischen Diskurs diese ganzen Ängste vor dem Ende oder der Stagnation der Bibliotheken gibt. Wenn die Öffentlichkeit die Bibliotheken als so spannend und wichtig wahrnimmt, wie Susan Orlean, gibt es keinen Grund, sich Sorgen zu machen, ob man irrelevant wird oder in der Öffentlichkeit als veraltet oder langweilig angesehen. Wenn es keine „accidental propaganda” ist, dann ist es ein Hinweis darauf, dass die ständigen Krisendiskurse, welche bibliothekarische Diskurse oft prägen, wenig Grundlage in den realen Problemen haben. (Die Frage wäre dann eher, warum Bibliotheken auf dieses guten Bild, dass Orlean von ihnen zeichnet, nicht wirklich aufbauen.)
Trotzdem ist das Buch gut, flüssig und vergnüglich zu lesen. Als jemand, die oder der sich mit Bibliotheken auskennt, wird nicht so viel spezifisch Neues zu lesen sein, ausser der Geschichte des Brandes selber. Aber es ist ein unterhaltsamer Einblick in diese spezifische Public Library.
[Eine Vorstellung des Buches durch die Autorin selber im Buchladen „Politics and Prose” (Washington, D.C.) findet sich im Youtube-Kanal des Ladens: https://www.youtube.com/watch?v=CY3Wxafosbw]
Stipendium des LIBREAS-Vereins, Ausschreibung 2019
Ziel des LIBREAS-Vereins ist die Förderung der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Kommunikation. Um dies zu erreichen, schreiben wir auch 2019 ein Stipendium aus. Angesprochen fühlen sollten sich alle Auszubildenden und Studierenden in bibliothekarischen Fachgebieten sowie Kolleg*innen in Bibliotheken und bibliothekarischen Infrastruktureinrichtungen im gesamten DACH-Raum.
Die Höhe des Stipendiums beträgt 400 Euro, welche für den Besuch (Fahrt, Unterkunft, Konferenzgebühr etc.) einer der drei folgenden Konferenzen eingesetzt werden sollen:
- Jahrestagung der Internationalen Vereinigung der Schall- und audiovisuellen Archive, November 2019, Weimar, http://www.iasa-online.de/iasa_tagung.html
- Open Repositories 2019, 10-13 Juni 2019, Hamburg, https://or2019.blogs.uni-hamburg.de
- 48th LIBER Annual Conference. Research Libraries for Society, 26-28 Juni 2019, Dublin, https://liberconference.eu
Das Stipendium soll vor allem Personen zugute kommen, die sich die Besuche dieser Konferenzen nicht auf anderem Wege finanzieren können.
Wir erbitten eine formlose Bewerbung, die folgende Punkte klären sollte:
- Welche der drei Konferenzen besucht werden soll
- Interesse der Bewerber*in an der Konferenz und den Themen der Konferenz
- Kurze Vorstellung der Bewerber*in
Weitere Themen und Punkte können gerne ergänzt werden. Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Wir wollen auch diejenigen Auszubildenden, Studierenden und Kolleg*innen ermutigen, die bislang keine solche Konferenz besucht haben oder nicht publiziert haben, sich zu bewerben. Das Stipendium darf gerne ein Startpunkt für solche professionelle Arbeit sein.
Die oder der Stipendiat*in soll im Anschluss an die besuchte Konferenz einen Beitrag für die LIBREAS. Library Ideas verfassen. Form, Inhalt, Länge des Beitrags stehen frei (z.B. Konferenzbericht, Auseinandersetzung mit einem Thema, das auf der Konferenz besprochen wurde). Die Redaktion der LIBREAS steht gerne bereit, die Arbeit an diesem Beitrag mit Rat und Motivation zu unterstützen.
Die Bewerbung sollte bis zum 31. März 2019 per Mail an den Vereinsvorstand geschickt werden (mail@libreas-verein.eu).
Vorstand des LIBREAS-Vereins, 04.02.2019
PS.: Das Stipendium wird hauptsächlich aus den regelmäßigen Beiträgen der Mitglieder des LIBREAS. Vereins getragen. (http://www.libreas-verein.eu/mitgliedschaftsantrag/) In der LIBREAS #34 erschien der Konferenzbericht zu den Open-Access-Tagen 2018 der ersten Stipendiatin Sophie Schneider.
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