Kollaboratives Tagging am Beispiel des Open Access Tracking Project
Zum 2. Mai 2009 verkündete Peter Suber den Beginn des Open Access Tracking Project (OATP). Basierend auf den Social Bookmarking Dienst Connotea werden seitdem Entwicklungen und Beiträge im Umfeld des Open Access gemeinschaftlich gesammelt und verschlagwortet. Die Basis des Netzwerkes, welches das gemeinsame Auftreten von Tags der letzten 1.000 Einträge (Zeitraum 11. Mai – 27. Juli 2011) abbildet, ist die Suche nach dem einzig obligatorischen Tag oa.new. Darüberhinaus wurden die Tags ru.* zugunsten einer übersichtlicheren Visualisierung entfernt, da sie anscheinend nur eine Funktion für das Verfassen des Open – Access Newsletters haben.
Absolut Gegenwart. Jürgen Mittelstraß über die Enge des Internets.
Ein Kommentar von Ben Kaden
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Wir sind im Jetzt und Überall. Die großen Ordnungskategorien der Wahrnehmung – Raum und Zeit – schrumpfen in der digitalen Welt auf ein Pünktchen namens Gegenwart. So jedenfalls blüht ein häufig anzutreffendes Argument netzkritischer Beobachtung, das seine Wurzeln in die Tatsache treibt, dass die dematerialisierten digitalen und kommunikablen Repräsentationen von Wissen weitgehend narbenfrei, also ohne Nutzungsspuren, reproduziert werden können und uns daher ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 2001 auch zehn Jahre später taufrisch ins Browserfenster geladen wird. So er denn noch geladen werden kann. Die Spuren, die die Distanz zwischen unserer aktuellen Wahrnehmungsposition und der, des kommunizierten Objekts liegen, werden nur anhand von entsprechenden metadatierenden Markierungen und auf der semantischen Ebene spürbar. Ihre Verkörperlichung ist in gewisser Weise spurlos, zeigt sich immer auf dem Jetztstand, ist On-Demand und daher auch zum sofortigen Verbrauch. Ein digitales Dokument lässt sich nicht halten, nur abrufen. (more…)
Der Faktor Evidenz. Überlegungen zur Methodendiskussion in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft.
(Referat zu Alex Garnett (2011) Opinion: Information Science as Knowledge Translation. In: Bulletin of the American Society for Information Science and Technology. June/July 2011. S. 50-53 )
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Nimmt man die evident hohen Download-Zahlen als Maßstab, dann ist ein erhebliches Interesse an der Diskussion zum Stand zur Informationswissenschaft festzustellen. Inwieweit sich die Frage nach der disziplinären Positionierung tatsächlich in der Fachcommunity als Thema erhält, ist derzeit offen. Aber man blickt erwartungsvoll den nächsten Ausgaben der entsprechenden Fachorgane entgegen. Bis diese erscheinen kann man allerdings auch die Juni/Juli-Ausgabe des Bulletin of the American Society for Information Science and Technology zur Hand nehmen bzw. ins Browser-Fenster laden.
In dieser reflektiert der kanadische Bibliometriker Alex Garnett in einer kurzen Positionierung zur Methodendiskussion Erkenntnisse zur so genannten Knowledge Translation, also einem Community-übergreifenden Wissenstransfer, wie er ihn in der Medizin beobachtet, auf das gesamte Feld der Library and Information Science. Genau dieser Aspekt sollte seiner Ansicht nach ins Zentrum der Bibliotheks- und Informationswissenschaft und ihrer Methodologie rücken. Und zwar in Rückgriff auf Verfahren der evidence based practice, was sich im Ergebnis vor allem als methodisch breit aufgestellte Zusammenziehung von realexistierenden Bedingungen und der bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Metabetrachtung herausstellt. (more…)
50 Days of Lulz: Welche informationsethischen Fragen warf die Hackergruppe LulzSec mit ihren Aktivitäten auf? [Preprint]
von Karsten Schuldt
[PDF des Artikels „50 Days of Lulz“]
Im Mai und Juni 2011 operierte eine Gruppe von Hackern unter dem Namen LulzSec relativ offensiv und mit starker medialer Begleitung. Die Gruppe verkündete, sich vor allem über die schwache Sicherheit von Servern und Homepages lustig zu machen und hauptsächlich nach dem Prinzip zu operieren, selber Spaß zu haben. Als Methoden ihrer Angriffe benutzte die Gruppe vor allem DDoS-Attacken, offenbar ausgeführt von einem eigens aufgebauten Bot-Netz, sowie das Auslesen von Daten mittels SQL Injections. Beide Methoden wurden von anderen Hackern als relativ simpel bezeichnet, obgleich LulzSec immer wieder betonte, weitere Methoden zu benutzen. Dennoch erregt die Gruppe großes Aufsehen, zum einen da sie relativ viele Daten, zu denen sie Zugang gefunden hatte, veröffentlichte und sehr großen Organisationen – unter anderem das FBI – als Ziel ihrer Attacken aussuchte, zum anderen durch die Angewohnheit, die Öffentlichkeit beständig über ihre Attacken zu informieren.
Die Gruppe wurde von einigen auf Internetthemen spezialisierten Medien als „Grey Hat Hackers“ bezeichnet, da sie Elemente des Hackens, welches sich moralisch oder politisch motiviert und des Crackens, welches explizit Zerstörung in Daten und Servern anrichten oder einen finanziellen Gewinn aus den Onlineaktivitäten ziehen will, in sich vereinte.
Am 26.06.2011 Mitteleuropäische Zeit, beziehungsweise kurz vor dem Ende des 25.06.2011 in den nordamerikanischen Zeitzonen, verkündete LulzSec, sich nach 50 Tagen Aktivität selber aufzulösen. Über die Gründe für diese Auflösung wurde sofort spekuliert, wobei mehrere Stimmen davon ausgingen, dass die bislang anonym agierende Gruppe befürchten musste, kurz vor der Ent-Anonymisierung durch andere Hackergruppen oder aber durch Strafverfolgungsbehörden zu stehen. LulzSec selber verkündete, dass sie ihre Aktivitäten von vornherein auf diese 50 Tage angelegt hätte.
Die Existenz und die Aktivitäten dieser Gruppe sowie die Reaktionen auf diese von Seiten anderer Hackergruppen, spezialisierter Medien, der unterschiedlichen Internet- und Spiele-Communities und der von den Angriffen betroffen Firmen und Organisationen werfen eine Reihe von ethischen Fragen im Bezug auf Informationsnutzung, Datenschutz, Verantwortung, Hackerethik und Netzaktivismus auf. Es ist leicht ersichtlich, dass sich diese ethischen Fragen nicht nur für die Subkultur des Hackens, sondern für alle Einrichtungen und Individuen stellen, die sich mit den Internet befassen, insbesondere aber für Initiativen, die sich dem Netzaktivismus verschrieben haben. Angesichts dessen, dass diese Gruppe mit ihrem – unter Umständen auch vorläufigen – Ende eine klare Zäsur gesetzt hat, bietet sich dieses Beispiel für eine Übersicht zu den ethischen Fragen des Internetzeitalters an.[1] Im Folgenden sollen anhand von LulzSec diese Fragen kruz diskutiert werden.
Ein Dimmer in der Krisendämmerung. Bemerkungen zum vermeintlich wichtigsten Zweiseiter, den jeder wissenschaftliche Bibliothekar gelesen haben sollte.
von Ben Kaden
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Über Twitter rotierte heute Morgen eine Nachricht mit dem Wortlaut
„The single most important 2-page opinion piece every academic librarian should read: http://bit.ly/puXBY3“ [1]
Der Superlativ selbst ist kurios, aber typisch für eine Rundum-Anlock-Information mit dem schmalen Zeichenvorrat, die Twitter zur Verfügung stellt und die den Sowohl-als-Auch-Schreibern wie mir schmerzlich Probleme bereitet, wird doch jede Nachricht in einer potentiell missverständlich gestutzten Form in die Webwelt gesendet. Die Präzision der zitierten Nachricht hat Vorbildcharakter und bedarf einiger Übung mit dem Medium. Man erfährt zwar nicht genau, worum es sich inhaltlich handelt, wohl aber, dass der Text kurz ist (zwei Seiten nur!) und eine Meinung wiedergibt, nicht etwa einen Bericht oder Forschung. Es handelt sich also um einen Diskussionsbeitrag, den man nebenbei lesen nicht nur kann sondern unbedingt sollte. Jedenfalls wenn man ein „academic librarian“ ist. Für die Zielgruppe ist er prinzipiell obligatorisch („every“) bzw. aufgrund seiner herausragenden Position „the single most-important“ (jedenfalls unter den Zweiseitern) zur Kenntnis unverzichtbar. Wenn alle diesen Text lesen, wird höchstwahrscheinlich heute auch jeder darüber reden.[2] (more…)
Das Tribünal: Auch die NZZ berichtet über die jüngste DFG-Kritik.
Ein Kommentar von Ben Kaden
Am vergangenen Freitag gab es im Berliner Ensemble ein Stelldichein des Heidelberger Instituts für Textkritik, das sich mittlerweile auch Institut für Forschungspolitik-Kritik oder – falls das zu sperrig ist – Institut für DFG-Kritik nennen könnte. Uwe Jochum, Roland Reuß, Volker Rieble und Georg Siebeck standen mit vorbereiteten Diskussionsbeiträgen im Programm zur Veranstaltung mit dem bissigen Titel „Freie Wissenschaft vs. geheime Wissenschaftsförderung. Zur Reform der DFG“. (more…)
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