Auf Open Access gewettet und gewonnen: InetBib-Wettspiel zu Ende
Nach über 18 Monaten des Wartens auf die Ergebnisse des InetBib-Wettspiels zu Open Access und Open Science, das im Rahmen der 12. InetBib-Tagung in Berlin durchgeführt wurde, heißt es nun „All in!“, die Zukunft ist jetzt. Die Pokerspieler wetteten auf das Eintreten verschiedener Ereignisse in der Zukunft und prognostizierten die Entwicklung von Open Access und Open Science. Nun, zurück in der Zukunft, müssen wir zwar noch auf die Erfindung des Hoverboards warten; die Ergebnisse der Wetten sowie der Name der glücklichen Gewinnerinnen wurden jedoch schon von einer unabhängigen ExpertInnen-Jury freigegeben:
- 30 deutsche Institutionen haben einen DFG-geförderten Open Access-Publikationsfonds. Ergebnis: Positiv. Bereits zur Halbzeit (nach 12 Monaten) hatten 32 Institutionen einen Publikationsfond.
- Zwei Journals, die nach dem Episciences-Modell von Timothy Gowers arbeiten, haben jeweils mehrere Artikel zu verzeichnen. Ergebnis: Negativ. Es gibt zwar einige Ankündigungen (vgl. http://www.episciences.org/page/epiiam und https://www.openlibhums.org/2014/04/07/olh-overlay-journals/ – sowie ergänzend http://dx.doi.org/10.3233/978-1-61499-409-1-78 und http://scienceblogs.de/mathlog/2014/08/20/die-zukunft-des-mathematischen-publizierens-episciences/), aber immer noch kein arbeitendes Overlay-Journal.
- Zwanzig Journals, die in Web of Science oder Scopus indexiert sind, oder deren Verlag Mitglied der OASPA ist, verlangen von ihren Autoren verbindlich, zusammen mit jedem veröffentlichten Artikel alle dazugehörigen Forschungsdaten (unter einer CC- oder Open-Data-Lizenz) frei zugänglich zu machen. Ergebnis: Positiv. Bereits zur Halbzeit erfüllte sich die Prognose.
- Es werden 50 Open Access-Repositorien das DINI-Zertifikat besitzen. Ergebnis: Negativ (ganz knapp). Im September 2014 besaßen nur nur 49 Repositorien ein DINI-Zertifikat (Nachweis: DINI-Liste.) Zu bedenken ist natürlich, dass es die ersten Repositorien in Deutschland bereits lange vor der Einführung des Zertifikats gab – und dass glücklicherweise viele Repositorien derzeit „Schlange stehen“, um das Zertifikat in seiner neuesten 2013er-Version zu erhalten.
- 40% der Träger-Institutionen deutscher Open Access-Repositorien der dann aktuellen DINI-Listehaben die Berlin Declaration on Open Access Ergebnis: Negativ. Dies trifft nur auf 26% der Repositorien-Betreiber zu (Nachweis: http://oa.mpg.de/lang/en-uk/berlin-prozess/signatoren/).
- 50% der Services, die im Rahmen der DFG-Förderung für virtuelle Forschungsumgebungen entstehen bzw. entstanden, werden nicht auf lokaler Infrastruktur (weiter-)entwickelt, sondern cloudbasiert nach den Prinzipien service-orientierter Infrastruktur (SOA) zur Nachnutzung und Weiterentwicklung bereitgestellt bzw. über Github angeboten. Ergebnis: Negativ. Eine Recherche in GEPRIS mit dem Suchbegriff Virtuelle Forschungsumgebungen erzielte 21 Treffer; eine Durchsicht dieser Ergebnisse (Selbstbeschreibung in der Datenbank sowie Informationen auf der Website des jeweiligen Angebots) erzielte keine positiven Ergebnisse (Cloudnutzung).
- Wikidata löst die Beziehungsrelationen der Gemeinsamen Normdatei (GND) ab. Ergebnis: Negativ. Siehe DNB.
- Unter den großen Universitäten (den 400 Universitäten in den jeweils aktuellsten Times Higher Education (THE) World University Rankings) verwenden mindestens bei 20 Berufungsverfahren oder in der internen Mittelvergabe explizit auch Benutzungs-Metriken, Altmetrics oder Metriken wie WikiTrust zur Messung individueller Beiträge zu kollaborativ erstellten wissenschaftlichen Objekten. Ergebnis: Negativ. Vgl. Stand zur Halbzeit.
- Elsevier wird aufgrund von Boykott-Aufrufen die Preise für die Mathematik-Zeitschriften nicht erhöht haben. Ergebnis: Positiv. Bereits zur Halbzeit erfüllte sich diese Prognose.
- Der Deutsche Bundestag verabschiedet ein gesetzliches Zweitveröffentlichungsrecht. Ergebnis: Bereits zur Halbzeit positiv. Siehe Bundestag.
- 50% der österreichischen Universitäten haben ein Open-Access-Repositorium. Ergebnis: Negativ. Es wurden 9 Repositorien in Eigenrecherche gefunden. Somit haben nur 38% der österreichischen Universitäten ein Open-Access-Repositorium.
Wir möchten uns bei dieser Gelegenheit auch noch herzlich bei der Jury bedanken, die bis zum Schluß geduldig mitgespielt, ääääh, begutachtet hat! Kein Gewinnspiel ohne JurorInnen. Das waren: Petra Hätscher (UB Konstanz), Peter Schirmbacher (IBI und CMS der HU Berlin), Uwe Rosemann (TIB Hannover) sowie Michael Schaarwächter (UB Dortmund, Gründer von InetBib).
The winner takes it all: Sabine Liess von der Verbundzentrale des GBV in Göttingen erwies sich als die absolute Open-Access-Expertin und gewinnt das InetBib-Wettspiel! Zugleich wird die Gewinnerin der Zwischenrunde Michaela Voigt (UB der TU Berlin) geehrt. Beide Gewinnerinnen erhalten einen Preis, der vom LIBREAS. Verein gestiftet wird – wir gratulieren sehr herzlich!
(Lambert Heller, Maxi Kindling, Paul Vierkant)
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