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Notizen zur Bibliothekswissenschaft 3: Carte Blanche für die Humanatees?

Posted in LIBREAS preprints by Ben on 26. Mai 2011

“ So bedauerlich jede Schließung ist, drängt sich jedoch die leidige Frage auf, ob die herkömmliche Bücherei in der Ära des E-Books zu einem Auslaufmodell wird.“

Es ist ein gutes Zeichen für eine lebendige Presse, wenn man innerhalb einer Feuilletonredaktion abweichender Meinung ist. Denn wo Felicitas von Lovenberg in der Mittwochsausgabe der FAZ unter der Überschrift „Mister Einprozent. Ergänzung statt Bedrohung“ wenigstens für den deutschen Buchmarkt eher eine nüchterne Perspektive für das Medium E-Book aufzeichnet, indem sie es analog zum Hörbuch sieht (S. 27), schreibt in der Freitagsausgabe G.T. [Gina Thomas] in ihrer Kolumne den eingangs zitierten Satz. Die Autorin rapportiert in knapper Form, was Alan Bennett und Philip Pullmann jüngst über den Niedergang des britischen Bibliothekswesens äußerten. (Ab in die Buchhölle. FAZ-Ausgabe vom 27.05.2011, S. 33) Wer die Neue Zürcher Zeitung vom 12.05.2011 gelesen hat, weiß, dass dies – berechtigt – nichts Gutes ist. Gerade weil Kommunen etwas tun, nämlich Bibliotheken schließen. (vgl. zum Thema auch den Kommentar Britpopliteratur mit Misston im IBI-Weblog) Die NZZ weiß übrigens auch, dass es der Literatur insgesamt auf der Insel gar nicht so schlecht geht und berichtet von dort immerhin noch 463 Millionen verkauften gedruckten Büchern im Jahr 2009. Das ist zwar weniger als 2007 aber nach wie vor nicht unbedingt ein Pappenstiel.

Da in dem Beitrag Gina Thomas‘ das schöne Wort Marktfundamentalismus aufscheint, nutze ich die Steilvorlage, um den dritten Teil meiner Notizen zur Bibliothekswissenschaft nachzulegen. (Teil 1, Teil 2) In diesem ziehe ich einige Schleifen um das Schleifen der Geisteswissenschaften, dass ja gerade in Großbritannien eine seltsame Parallelentwicklung zum öffentlichen Bibliothekswesen nimmt. Davon ausgehend argumentiere ich, dass die häufig diesem Fächerspektrum im Diskurs zugeordnete Irrelevanz in markt- und innovationslastigen Ökonomien – also dem aktuellen Spätkapitalismus – beiden Seiten schadet. Denn, so der trendforsche Leitgedanke meiner Skizze, gerade die sich andeutende Umgestaltung der grundlegender Geschäftsmodelle von Produktbasierung zu Ereignisbasierung und von Eigentum zu Zugang  (Semiokapitalismus) erfordert starke bedeutungsgenerierende gesellschaftliche Instanzen mit viel Raum für Auslauf im Denken. Also wenn man so will in der Tat Auslaufmodelle. Zu diesen zählen zweifelsohne Geisteswissenschaften genauso wie Bibliotheken. Daher erscheint mir auch eine stärkere Fokussierung geisteswissenschaftlicher Aspekte in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft sehr angebracht. Alles Übrige im Essay – Text als PDF-Download: Carte Blanche für die Humanatees? Gedanken zu einer geisteswissenschaftlich gewendeten Bibliothekswissenschaft

Eine Antwort

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  1. […] Zeitgeist der letzten Jahrzehnte nicht in voller Blüte stehen, ist offensichtlich (vgl. dazu auch diesen Text). Die Idee der möglicherweise im Bemühen um Schmissigkeit etwas irreführend so benannten Digital […]


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