It’s the frei<tag> Countdown. Noch 18 Tage.
Heute erhielt ich den ernstzunehmenden Hinweis, meinen Anteil an den Texten für den frei-täglichen Countdown doch etwas kürzer zu fassen, da sonst die Titel-, Thesen-, Themen- und Temperamentelatte für die eigentliche Konferenz etwas zu hoch hinge und sich zugleich in der Mitte überladen böge.
Angesichts des präparierten Materials bin ich nun, kurz vor dem Posten, etwas in der Zwickmühle, fühle mich irgendetwas zwischen beschnitten und kastriert und aus einer vergessenen Kammer meiner Teenager-Erinnerungen sehe ich die damals als sehr sexy empfundene (Sandra) Gillette über die damals als sehr prägend geltende MTV-Rotation tanzen und höre genau ihre zwanzigfingrige Stimme: „Iny weeny teeny weeny shriveled little short short text“.
Erstaunlicherweise war der Musikgeschmack auch der mittleren 1990er Jahre trotz allem in globalem Maßstab gehoben genug, um eine Nummer 1-Platzierung in den damals noch maßgeblichen Hitparaden – abgesehen von Frankreich – zu verhindern. Als schreckliche Spur, penetranter nur noch vom technotronischen „Pump up the Jam“ übertroffen, bleibt dieses männerfeindliche Stück Popgeschichte Begleittonage wenigstens meiner Generation. Natürlich ging es nicht um Text, sondern um Anatomie. Aber da sich solche Schwerpunkte mit dem Alter und Altern verschieben und man irgendwann unweigerlich erkennt, dass eine einzige gelungene Formulierung weitaus länger überdauert, als ein straff trainierter Muskel, bin ich so frei, den weißen Neger Wumbaba zur aktiven Wahrnehmungsmethode zu erheben.
Um die Bestie aus beiden Welten zu entfesseln, beende ich den Vorspiel-Text zur Unkonferenz an dieser Stelle. Wer mehr möchte, findet nach der Sprungmarke einen dieser schwer verwertbaren Essays aus notiertem Sinnieren. Und wer noch mehr möchte, darf mit mir am 10. Juni 2011 darüber diskutieren.

"We'll build a new world off on a high mountain / We'll live on our fountain of love" - Alle Kids der 1950er wissen, worum es geht. Und alle anderen interpretieren den Konnex zu unserem Thema: Utopie und Brunnenkresse. Stadträumlich, jedenfalls in Berlin, bietet sich für die Suche nach dem neuen Menschen von Gestern wenig besser an, als die nach den 16 Grundsätzen des sozialistischen Städtebaus als Prototyp ans Zentrum der Hauptstadt angeschlossene einstige Stalinallee. Deren zentraler Kreisel wiederum rotiert am Strausberger Platz, in dessen Nähe sich einmal Berlins Richtstatt befand. Während der Brunnen vor dem verschwundenen Georgentore, zeigt sich an den Fassaden deutlich, dass die Häuser der Kinder des Sozialismus durchaus von Schinkel inspirierte Kinderzimmerfenster haben durften. Das Hochplateau des Fortschritts der Nachkriegszeit zeigte sich durchaus fast bieder vergangenheitsverbunden. Man kommt halt nicht so leicht aus seinen Pantoffeln und in die Puschen. Nur beim Wasserspiel, so könnte man jetzt kalaueren, wurde der neue Fritz kühn. (Insider für Architekturstudenten)
(bk, 23.05.2011)
1 comment