LIBREAS.Library Ideas

Das liest LIBREAS. Heute: Viola Voß über Figge, Friedrich; Darby, Kirsten; et al. (2017): „Neue Aufgaben, neue Arbeitsfelder, neue Strukturen. Zur Zukunft der Wissenschaftlichen Bibliotheken im internationalen Forschungswettbewerb am Beispiel des Embedded Librarian“

Posted in LIBREAS.Referate by Ben on 9. Februar 2018

Wir freuen uns sehr, dass die unlängst ins Leben gerufene LIBREAS-Lektürekolumne tatsächlich zu Rückmeldungen von unseren Leser*innen führt. Und wir hoffen zugleich, dass sich auf diesem Weg Debatten anregen lassen und Themen an- und aufgezeigt werden, die uns als Redaktion und/oder der Bibliothekswissenschaft bzw. bibliothekarischen Fachkultur sonst möglicherweise nicht ganz so intensiv auffallen würden. Weitere Einsendungen sind herzlich willkommen über zeitschriftenschau@libreas.eu


Figge, Friedrich / Darby, Kirsten / Hardt, Jens / Liebig, Theresa / Remeli, Eva-Maria / Wilde, Viviane (2017): „Neue Aufgaben, neue Arbeitsfelder, neue Strukturen. Zur Zukunft der Wissenschaftlichen Bibliotheken im internationalen Forschungswettbewerb am Beispiel des Embedded Librarian“. In: BuB Forum Bibliothek und Information 69.10:558-561.

Embedded Librarianship, die Einbindung von Bibliothekaren in Forschungsgruppen, ist ein Konzept, das erfreulicherweise immer häufiger auch in der deutschsprachigen bibliothekswissenschaftlichen Literatur Erwähnung findet.

Im Sommer 2017 hat sich das Forschungsseminar „Bibliothek der Zukunft“ im Studiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der HTKW Leipzig damit beschäftigt.

Der BuB-Artikel der Gruppe gibt einen guten Überblick darüber, welche Aufgaben für Bibliothekar:innen im Embedded Librarianship (im Folgenden: EL) denkbar sind, an welchen Stellen im Wissenschaftskreislauf sie eingebunden werden können und wie die Organisationsstruktur einer wissenschaftlichen Bibliothek aussehen könnte, die EL einführen will.

Allerdings handelt es sich um einen rein theoretischen Entwurf, um ein „Gedankenexperiment“ (S. 559). Dem sind vermutlich einige Buzzwords geschuldet („sich verändernde Wissensgesellschaft“, „Big Data“, „Wissenschaftswettbewerb“, „Innovationsentwicklung“, „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ und das ubiquitäre „proaktiv“), aber auch einige Pauschalaussagen, über die Leser:innen je nach ihrem eigenen Arbeitsumfeld stolpern könnten. So gibt es z.B. durchaus Hochschulbibliotheken, deren Fachreferenten noch nicht durch Approval Plans „in nicht ihrer Qualifikation entsprechende Aufgabenbereiche gedrängt“ (560) wurden, und angesichts der Vielfalt der EL-Aufgaben von Literaturrecherche und -verwaltung über Informationskompetenzvermittlung und Publikationsunterstützung bis hin zum Forschungsmanagement fragt man sich, ob das wirklich alles sinnvoll von nur einer/einem Embedded Librarian geleistet werden kann und soll.

Als eine der Quellen des Forschungsseminars wird Shumaker/Talley 2009 genannt; auf weiterführende Literatur für am Thema interessierte Leser:innen wird leider nicht verwiesen.

Für zukünftige Veröffentlichungen habe ich einen Wunschzettel à la „Was ich gerne zum Embedded Librarianship lesen würde“:

  • Berichte aus der bibliothekarischen Praxis zu konkreten Versuchen, EL – oder zumindest Elemente davon – in Bibliotheken und Forschungseinrichtungen einzuführen und zu etablieren (es muss ja nicht gleich Best Practice sein, sondern überhaupt erstmal Practice),
  • Aussagen von Wissenschaftler:innen, was sie vom Konzept EL halten (brauchen oder wollen sie das überhaupt?),
  • Überlegungen dazu, inwiefern Bibliothekar:innen – und von welchen sprechen wir eigentlich? gehobener Dienst? höherer Dienst? beide? – für solche „Einsätze an der Front“ ausreichend ausgebildet sind oder welche Zusatzqualifikationen sie benötigen,
  • … und natürlich immer interessant: Hinweise auf weitere Literatur zum Thema aus aller Welt. Als Auftakt dazu unten einige Titel.

Viola Voß, ULB Münster

https://orcid.org/0000-0003-3056-407X

Literatur

Ginther, Clara / Lackner, Karin / Kaier, Christian (2017): „Publication Services at the University Library Graz: A New Venture, a New Role“. In: New Review of Academic Librarianship 23:1-12. https://dx.doi.org/10.‌1080/‌13614533.2017.1324802.

Jacobs, Anne (2013): Embedded Librarian. (= Checklisten [der Kommission für One-Person Librarians des Berufsverbands Information Bibliothek BIB]. 38.) http://www.bib-info.de/kommissionen/‌kopl/‌publi‌ka‌tio‌nen/checklisten.html.

Jaguszewski, Janice M. / Williams, Karen (2013): New Roles for New Times: Transforming Liaison Roles in Research Libraries. [Report for the Association of Research Libraries.] (= New Roles for New Times. 3.) http://‌www.arl.org/component/content/article/6/2893.

Jansen, Nina (2017): Liaison librarians being embedded: a future model of librarianship? Bachelorarbeit, Studiengang Bibliothekswissenschaft, TH Köln. http://nbn-resolving.de/‌urn:nbn:‌de:hbz:79pbc-opus-10075.

Kenney, Anne R. (2014): Leveraging the Liaison Model: From Defining 21st Century Research Libraries to Implementing 21st Century Research Universities. https://doi.org/10.18665/sr.24807.

Kvenild, Cassandra / Tumbleson, Beth E. / Burke, John J. / Calkins, Kaijsa (2016) „Embedded librarianship: questions and answers from librarians in the trenches“. In: Library Hi Tech News 33.2:8-11. https://‌doi.‌org/10.1108/LHTN-11-2015-0078.

Olin, Jessica (2017): „My Milk Bowl Brings All the Cats to the Yard: Some Thoughts on Faculty Outreach“. In: Letters to a Young Librarian, 21.3.2017. http://letterstoayounglibrarian.blogspot.de/‌2017/03/‌my-‌mi‌l‌k-bowl-brings-all-cats-to-yard.html.

Schulte, Stephanie J. (2012): „Embedded Academic Librarianship: A Review of the Literature“. In: Evidence Based Library and Information Practice 7.4:122-138. https://doi.org/10.18438/B8M60D.

Shumaker, David (2012): The Embedded Librarian: Innovative Strategies for Taking Knowledge Where It’s Needed. Medford, N.J.: Information Today.

Shumaker, David / Talley, Mary (2009): Models of Embedded Librarianship. Final Report. https://www.‌sla.org/‌wp-content/uploads/2017/05/EmbeddedLibrarianshipFinalRptRev.pdf.

Voß, Viola (2017): “Taking the mountain to all the Mohammeds: elements of embedded librarianship at a large university”. In: Proceedings of the 38th Annual IATUL Conference 2017. http://‌docs.lib.purdue.‌edu/iatul/2017/plenary/1/ bzw. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:‌de:hbz:‌6‌-51209534810.

Aus der Redaktion: LIBREAS microbloggt nun auch bei Tumblr. Aber warum?

Posted in LIBREAS aktuell by Ben on 24. Januar 2013

Das Microblogging-Netzwerk Tumblr ist derzeit – bis auf wenige Ausnahmen – in der Wissenschaftskommunikation etwa so populär, wie es Twitter 2008 war und wie es Pinterest 2015 sein wird. Also eher nicht.

Während Wissenschafts- und Fachblogs mittlerweile weitgehend als sinnvolle Bereicherung wissenschaftlichen Austausches akzeptiert und genutzt werden, während das Streupotential von Twitter als Hinweismedium weithin anerkannt ist, stellt sich bei Tumblr bislang tatsächlich die Frage des Mehrwerts für einen fachlichen Austausch. Entsprechend finden sich unter den derzeit schätzungsweise dort gehosteten 80 Millionen Mikroblogs in der Tat äußerst wenige mit Wissenschafts- oder Fachbezug (aber es gibt sie). Möglicherweise hemmt das Fachpublikum, dass man sich dort noch schneller als auf anderen Plattformen der dem WWW prinzipiell innewohnenden Nachbarschaft zu Internet-Phänomenen wie dem Technoviking oder den Lolcats bewusst wird. Benutzungsschwellen scheiden dagegen eher aus – der Anspruch an die Bedienkompetenz liegt höchstens knapp über WhatsApp-Niveau.

Wer Tumblr regelmäßig nutzt, weiß natürlich, dass man sich dort eher auf einem Basar als in der Akademie bewegt. Als weiterer Nachteil mag gelten, dass man auf Tumblr nicht direkt kommentieren kann. Man kann Beiträge allerdings annotiert rebloggen. Und selbstverständlich ist es möglich, einem Beitrag – nicht mit Daumen, sondern per Herzchen – seine Anerkennung namens „like“ zuweisen. Diese beiden Formen der denkbar niedrigschwelligen Bestätigung bilden die Essenz des Tumblr-Modells und werden entsprechend gut aufgeschlüsselt angezeigt (vgl. dieses schöne Beispiel).

Wenn sich LIBREAS  nun dorthin erweitert, dann geschieht dies aus einer erkannten Lücke zwischen Blog und Twitter heraus. Wir publizieren hier im Weblog Beiträge, die sich im Regelfall direkt als Aufforderung zum Diskurs verstehen. Wir verlinken über Twitter (und Facebook) Inhalte, die uns im Web begegnen oder die wir ins Web stellen und auf die wir unsere Leser gern hinweisen möchten. Bisweilen stoßen wir jedoch auch auf Inhalte, die wir kommentieren oder etwas erweitert weitergeben möchten, ohne gleich einen größeren Blogbeitrag daraus zu entfalten. Weder Twitter noch Facebook eignen sich dafür besonders gut.

Man könnte nun die Rubrik LIBREAS.Referate in Anspruch nehmen. Aber auch dort haben sich eher längere Besprechungen etabliert. Bisweilen erscheinen in einem Beitrag jedoch nur einzelne Gesichtspunkte oder eben das, was als neue Erkenntnis in den Diskurs zurückfließt, interessant. Dafür nun gibt es das Tumblr(Micro)Blog. Eine lockere Inspiration mag man im berühmten Harper’s Index suchen und finden. Die Seite LIBREAS.tumblr.com dient also dem Zweck, selektiv und in betont knapper Form Erkenntnisse aus dem aktuellen Publikationsgeschehen in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft zu sammeln, zu bündeln und sorgsam auszutaggen. Ob sich dies auf einer täglichen Basis (#daily lis) durchhalten lässt, wird sich zeigen. Jedenfalls sind wir gewillt, in höherer Frequenz aus den Texten, die uns ohnehin regelmäßig über die Schreibtische und Desktops gleiten und zu denen wir sonst vielleicht eine Notiz auf einer Karteikarte machen würden, den einen oder anderen Fakt, das eine oder andere Zitat herauszuziehen und dort abzulegen. Nebenbei prüfen wir zudem, inwieweit sich diese Form des Microbloggings in die Praxis des wissenschaftlichen Kommunizierens mittels digitaler sozialer Netzwerke einbinden lässt.

Zusammengefasst: Wir nutzen Tumblr einerseits für eine Tätigkeit, die uns als maßgeblicher Baustein unserer Profession vermittelt wurde: Wir dokumentieren. Und andererseits für etwas, was uns von Natur aus mitgegeben wurde: Wir probieren aus.

(Ben Kaden, Berlin 24.01.2013)

LIBREAS als Schweigbügelhalter? Eine Position zur newLIS-Debatte.

Posted in LIBREAS aktuell, LIBREAS.Debatte, LIBREAS.Verein by Ben on 4. Juli 2012

von Ben Kaden

Wenn es um Open Access und Fachzeitschriften geht herrscht derzeit ein bisschen Spannung in der Branche. Die Diskussion um newLIS, also einer neuen Open-Access-Zeitschrift der Bibliothekswissenschaft bzw. des Bibliothekswesens bildet dafür den Bogen, der sich auch Richtung LIBREAS spannt, LIBREAS selbst aber, so mutmaßt mancher, nicht berührt. Allerdings bezieht man uns auch selten von Seiten der um newLIS Aktiven direkt ein und obschon im Berliner Bibliothekswissenschaftlichen Kolloquium vom 03.07. die Gelegenheit sehr günstig war, blieb es dabei, dass wir mehr aus der Ferne beobachtet wurden. Warum dem so ist, sollte sicher auch einmal diskutiert werden, denn eigentlich verstehen wir uns schon dergestalt als inklusiv, dass wir auch für diese Debatten offen sind.

Nun findet sich heute hier im Weblog eine Aussage Walther Umstätters, die ein wenig das Problem anspricht:

Die Frage ist ja nicht, welchen Stellenwert Libreas momentan hat, sondern welche Ausbaufaehigkeit sie mitbringt. Dazu gibt es gerade eine Diskussion, die man substantiell anreicher koennte, anstatt sie nur unbegruendet abzubuegeln.

Darauf gehe ich selbstverständlich sehr gern ein und auch wenn die Meinungen innerhalb der Redaktion in dieser Sache ausnahmsweise nicht weit auseinander gehen, möchte ich betonen, dass ich die nachstehende Erörterung des Vorwurfs eine persönliche ist.  (more…)