Franzens Bad in der Informationsmenge. Und: Der n+1-Diskurs zum Thema gerät in der Frühlingsausgabe zum digital-bohemischen Dorf.
von Ben Kaden
Es ist durchaus ein berechenbarer Blick mit einem klar fokussierbaren theoretischen Hintergrund, den die Autoren der Zeitschrift n+1 auf all diejenigen Phänomene werfen, die auch uns tagtäglich beschäftigen: Foucault, Bourdieu, Adorno, mitunter ein paar weitere Franzosen treiben die Leser regelmäßig durch das obligatorische „Information Essay“, das zudem durchweg wie von einer Dachterrasse in Brooklyn aus geschrieben wirkt. Und dabei gelingt es dem Redaktionsteam zumeist, in diesem Editorial zur „Intellectual Situation“ ihrer Zeit aus ihrem sozial-, kultur- und literaturwissenschaftlichen (im weitesten Sinne) Winkel mühelos die präzisesten und überzeugendsten Einschätzungen zur kulturell munter vor sich hin evolutionierenden Informationsgesellschaft aufs Papier zu bringen, die aktuell im Pressevertrieb zu haben sind. (more…)
Gut gegen Nerdwind? Eine Milieustudie zum Hipster-Medium Buch, erläutert an den Traffic News To-Go.
Ein Lektüre-Essay.
Von Ben Kaden
Jüngst hatte ich das kleine Vergnügen, einen herausgehoben stilbewussten Redaktionskollegen an einem Samstagvormittag in der fröhlichen Frühlingssonne des Dreiecks der jungen Berliner Mode an der Rosenthaler Straße zu begleiten. Während er sich in einem Flagship-Store verlor, bot sich mir die Gelegenheit, drei handvoll Minuten im Licht des angehenden Nachmittags, der hier samstags als entspannter Morgen durchgeht und nur langsam im Iced Caramel des benachbarten Coffee Häuschens verrührt wird, vor dem Laden zu stehen und zu beobachten, wie sich der Berliner Mythos an seinen Major Labels vorbeischiebt. Die Hosen sind wieder eng in dieser Saison, die Hemden so farbenfroh kariert wie die Socken und die Haare im Schnitt gedrittelt die 1930er, die 1950er und die 1980er zitierend. Eventuell mag man von einer postmodernen Auflage der Mod-Kultur in Neon sprechen, die Purple Hearts wie Purple Hills und Acid House wie Acid Jazz zulässt. Und wahrscheinlich sogar Purple Schulz.
Während ich also am warmen Stein zwischen Pfisterei und Ben Sherman-Schaufenster lehnte und das bunte Potpourri erster Frühlingsahnung an mir vorbei promenieren ließ, kam mir ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 2008 in den Sinn, den man Motto gebend quer über die das Viertelstück spannen könnte: „Meet the global scenester: He’s hip. He’s cool. He’s everywhere.” Überall und vor allem auch hier.
Hat man das Glück, diese Nachbarschaft seit nun mehr vielleicht zehn Jahren fast jeden Abend zu durchwandern, um den vom Bildschirm geschachtelten Blick mit der mehr oder weniger glaubwürden Berliner Metropoliteness zu konfrontieren, die die lokale Schnauze in Mitte längst abgelöst hat, aber nicht zwingend durch Herzlichkeit zu ersetzen verstand, dann weiß man schon um die Bedeutung des Kommens und Gehens. Bestand die Frühjahrsuniform im letzten Jahr aus Segelschuhen, Darkdenim-Jeans und weißem Hanes-Shirt, schlägt dieses Jahr das aus, was im Zuge eines diversifizierten Librarian Chic als Nerd-Style bezeichnet werden darf. (more…)
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