It’s the frei<tag> 2013 Countdown (9): The way to Leipzig. Impressions
Eines der interessanten Fakten am Besuch von Konferenzen ist ja, dass das Drumherum mehr besprochen wird, als die Referate, Workshops etc. selber. Das sagt gar nichts über die Referate selber, die werden oft nach den Konferenzen besprochen. Da wir als LIBREAS ja bekanntlich wie ein bunter Fisch im Wasser des Bibliothekswesens sind, passen wir uns daran an. Die Karte auf dem Weg und in Leipzig; Inhalt folgt später. (Auf der frei<tag>?)

Leipzig, so hört man in Berlin tönen, wäre mehr und mehr vom Gefühl her so, wie Berlin in den 1990ern (als es noch spannend war) war. Deshalb vielleicht finden sich hier auch Kleber, die in Berlin nicht mehr Recht zu finden sind.

Medienkonvergenz. (I take a picture of you taking a picture of someone taking pictures of as like we are stars.)

Kolleginnen und Kollegen im Fachgespräch (wer’s glaubt) on historic ground know from the bestseller Faust.

Bücherstadt. Lesen Sie etwas über die Deutsche Nationalbibliothek während Sie auf die nächtliche Strassenbahn warten.

Das Symbol zum Nachtverkehr (Leipzig, bei Treu, ist eine Grossstadt. Hier fährt der Nachtverkehr wirklich die ganze Nacht und kostet nicht z.B. 5 CHF mehr – take this Zürich.)
Nachtrag
It’s the frei<tag> 2013 Countdown (18): Das Dokument
Karsten Schuldt
Eine der spannendsten Diskussionen, die in den bibliothekarischen Literatur der letzten Monate angesprochen wurde, ist die nach der Distinktheit der Dokuments. Sarah Dudek hat diese Frage gestellt (Dudek, Sarah (2012) / Die Zukunft der Buchstaben in der alphanumerischen Gesellschaft. Text und Dokument unter digitalen Bedingungen. In: Bibliothek Forschung und Praxis 36 (2012) 2, 189–199) Auch Jakob Voss hat vor einigen Jahren dazu einen Vorstoss unternommen. (Voß, Jakob (2009) / Zur Neubestimmung des Dokumentenbegriffs im rein Digitalen. In: LIBREAS. Library Ideas 5 (2009) 2.) Die Frage ist eigentlich ziemlich einfach, aber potentiel weitreichend.
- Trennt sich im Elektronischen das Dokument vom Träger so sehr, dass es nicht mehr distinkt ist?
Dies bezieht sich auf eine einfach Beobachtung: Bislang gehen wir davon aus, dass ein Dokument eine zusammengehörige Entität ist. So ist ein Artikel ein inhaltlicher Zusammenhang. Der Titel, die Namen der Autorinnen und Autoren, die Argumentation, der inhaltliche Aufbau, die Schlussfolgerung: alles gehört zusammen. Aber das muss nicht mehr so sein. Gehen wir gar nicht von den Internetdiensten aus, die sich jeweils auf Anfrage neu zusammensetzen. Schauen wir einfach auf wissenschaftliche Artikel, die auf Forschungsdatensätze verweisen, die „irgendwo anders“ liegen, aber für die gesamte Argumentation notwendig sind. Textdaten und Forschungsdaten liegen auf unterschiedlichen Servern, und zwar nicht nur auf der Ebene des Datenmanagements, sondern auch sichtbar. Was ist das dann für ein Dokument? Wo sind die Grenzen?
- Falls sich das Dokument als fluide herausstellt und beispielsweise der Ausdruck eines Artikels nur eine Zeitaufnahme ist, die aber sich inhaltlich von den anderen Ausdrucken nicht unterscheidet, was ist das Dokument dann?
- Wenn das Dokument fluide wird, was sammeln, ordnen, archivieren, erschliessen etc. wir dann eigentlich?
Denken wir an das E-Book. Was ist das für ein Dokument? Noch ist es vor allem ein besseres PDF, manchmal etwas angereichtert. Aber wir alle haben schon andere Beispiel gesehen und wir wissen, dass da mehr kommen wird. E-Books, die sich aus verschiedenen Medienquellen zusammensetzen. E-Books, welche die Steuerung und Manipulation von anderen Medien, von Datensammlungen erlauben. E-Books, die nicht mehr ein Gesamtwerk sein werden, sondern ein neues Werk bei jedem Aufruf oder nach Änderungen an kleinen Datenmengen, auf die sich das E-Book bezieht.
Und dann? Werden wir alle Datenquellen sammeln, aus denen sich ein solches Medium zusammensetzt? Nur die Metadaten? Momentaufnahmen? Das gesamte Denken über Inhalte im Bibliothekswesen ist mehr oder minder an die Grundthese gebunden, dass Inhalt und Medium zusammengehören. Immer mehr deutet sich an, dass in bestimmten Medienformen dieser Zusammenhang aufgetrennt wird. Das am Beste zu verstehende Beispiel dafür sind die Forschungsdaten, über deren Curation im Bibliotheksbereich zur Zeit geredet wird. Was sind das eigentlich für Datenformen? Wie werden Sie mit anderen Daten zu welchen Dokumenten verbunden? Wieso?

„Die Überlagerung des nationalen Systems der Politik durch transnationale Felder schleift die Bastionen des Traditionalismus, bricht die Kartellstrukturen auf und macht den Weg frei für Erneuerung. Weil sie von außen kommen, können die neuen transnationalen Eliten, befreit von den Restriktionen der beschriebenen Illusio, bisher undenkbaren sozialen Wandel in Gang setzen. Aus der nationalen Sicht müssen diese neuen Strukturen der Herrschaft und das neue Denken, das sie mit sich bringen, zwangsläufig als illegitim erscheinen.“ (Münch, Richard (2009) / Globale Eliten, lokale Autoritäten : Bildung und Wissenschaft unter dem Regime von PISA, McKinsey & Co. Frankfurt am Main : Suhrkamp, 2009, S. 203)
Aber es geht weiter: Bob Nicholson (Medienhistoriker an der Edge Hill University, Ormskirk, UK) behauptet folgendes:
The concept of a ‚digital methodology‘ rests on one key idea: a hard copy of a newspaper is fundamentally different from a digitised version. At first glance, this difference seems obvious; one source is made from paper, the other exists as billions of 1s and 0s. However, the transformative effect of digitisation streches beyond this material transition. Unlike microfilming, the creation of a digital newspaper does not simply produce what archivists term a ’surrogate‘, or stand-in, for the original. Instead, it creates something new; sources are ‚remediated‘ and not just reproduced. Though a digitised text may look familiar, it is not the same source; we are able to access, read, organisa and analyse it in radical new ways.“ (Nicholson, Bob (2013) / The Digital Turn : Exploring the methodological possibilities of digital newspaper archives. In: Media History 19 (2013) 1, 59-73)
Im Weiteren argumentiert er, dass sich digitalisierte Zeitschriften durch die Einbindung in Datenbanken für die Medienhistorie in eine völlig neue Form von Medium verwandeln, ein Medium, an das andere Fragen gestellt werden können und das sich erst wirklich erschliesst, wenn man mit den Werkzeugen zum Erschliessen „spielt“. Das Objekt, dass untersucht wird, wird im Suchlauf erstellt und zugänglich gemacht. Für Nicholson geht es dabei um die Zugänge der Mediengeschichte, für Bibliotheken und die Bibliothekswissenschaft sollten sich vor allem für die Frage interessieren, was das da eigentlich für ein Dokukment ist, dass Nicholson beschreibt? Ist es ein Dokument? Ist es nicht eine fludie Sammlung von Daten, die im Zuge des Aufrufes zum Dokument wird, dann aber auch nicht stillsteht?
Guten Morgen 2013, komm doch (auch) nach Potsdam altes Haus
Für den ersten Post des Jahres 2013 – das hoffentlich besser und erfolgreichen und interessanter und aufregender wird als 2012, wie man das sich ja immer wünscht – ein Hinweis auf das, was im laufenden Jahr mit der LIBREAS und dem LIBREAS. Verein passieren wird.
- Am 22. März 2013 wird, als Satellit des ISI, die nächste frei<tag>, also eine Unkonferenz des LIBREAS. Vereins, stattfinden. Das Motto lautet vorwärtsdrängend raum:shift [information science], es soll um nichts geringeres als eine Richtungsbestimmung des gesamten Wissenschaftsgebiets gehen. Die gesamte Einladung findet sich auf der Homepage des LIBREAS. Vereins. Mehr Informationen finden sich unter www.libreas-verein.eu/freitag. Das Social Event wird auf dem Theaterschiff Potsdam stattfinden (was alleine den Besuch schon lohnt). Wir würden uns über einen großen Zuspruch freuen.
- Wie auf der Mitgliederversammlung im letzten Jahr beschlossen – auf der übrigens alle Mitglieder des LIBREAS. Vereins stimmberechtigt sind – wird die LIBREAS im Jahr 2013 mit mindestens drei Ausgaben erscheinen. Die Call for Papers für die ersten zwei Ausgaben wurden schon veröffentlicht. Noch bis 31.01.2013 können Beiträge für die Ausgabe #22 Recht und Gesetz eingereicht werden. Bis zum 31.05.2013 ist der Call for Papers für die Ausgabe #23 Forschungsdaten, Metadaten, noch mehr Daten. Forschungsdatenmanagement geöffnet. Die Themen der folgenden Ausgaben werden sich in Zukunft zeigen. Wir hoffen aber wie immer auf zahlreiche, interessante, vorwärtszeigende und zum Denken anregende Einreichungen (auch außerhalb der Schwerpunktthemen).
- Am Ende des Jahres 2013 wird die LIBREAS ein anderes Aussehen haben als am Ende des Jahres 2012.
- Wir sind im letzten Jahr gewachsen. Wir hoffen, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Die Redaktion umfasst seit Kurzem neun Personen – und damit erstmals nicht nur Personen, die an der Humboldt Universität studiert haben, was sich bestimmt auch auf die Ausrichtung des Zeitschrift auswirken wird -, der Verein hat einen steigenden Stamm an Mitgliedern. Wir deuten das unter anderem als ein steigendes Interesse an einer Kommunikation im Feld der Bibliotheks- und Informationswissenschaft, hoffen aber auch, mit der Zeit wirklich eine Infrastruktur anbieten zu können, die solche Diskussionsprozesse unterstützt. Neben der Zeitschrift selber veranstalten wir 2013, wie schon gesagt, die dritte Unkonferenz. Wir haben noch nicht entschieden, ob das eine regelmäßige Veranstaltung wird; aber egal wie diese Entscheidung ausgeht, wir haben ein Interesse an mehr Veranstaltungen. (Deshalb auch ein Verein, bei dem Personen sich anders engagieren können, als „nur“ mit Redaktionsarbeit.)
- Ein persönlicher Wunsch: Möge im Jahr 2013 die Selbstverständlichkeit (und der Mut) wachsen, mit der an Debatten der Bibliotheks- und Informationswissenschaft teilgenommen wird, mit der auch Personen aus „den praktischen Felder“ (also den Bibliotheken, Informations- und Dokumentationseinrichtungen, dem Information Brokering und so weiter) an ihnen teilhaben. Jedes Jahr schaue ich nach Silvester auf den philosophischen Teil meiner privaten Bibliothek und denke, wenn ich Kant sehe: „Sollten wir nicht längst im aufgeklärten Zeitalter leben? Gehört da nicht ein aufgeklärter Diskurs dazu?“ (Daneben steht dann die Dialektik der Aufklärung und der gesammelte Foucault. So naiv bin ich dann auch nicht, den Kant alleine zu nehmen. Und es geht selbstverständlich immer um das große Ganze, nicht nur die Bibliotheks- und Informationswissenschaft. But…) Einen solchen Diskurs, bei dem wir alle danach streben aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit uns zu befreien – einen solchen muss man üben. Ich hoffe, dass wir 2013 viel üben werden.
- 2012 gab es einige Debatten darüber, ob wir neue Pubikationsorgane im Bibliothekswesen und der Bibliotheks- und Informationswissenschaft benötigen. Und ja: Wir brauchen sie. Jetzt, Anfang 2013, sind diese Publikationsorgane nicht aufgetaucht (stattdessen vollkommen unerwartet eines aus München). Mögen diese Debatten nicht einfach einschlafen.
So denn auf ein Neues: Mehr Texte lesen, mehr Theoriearbeit machen, weniger Marketing, mehr Mut haben, Dinge zu sagen die wahr sind und Dinge, die falsch sind, falsch zu nennen. Mehr Unterschiedlichkeit in den Texten zulassen. Mehr Menschen in die Vereinsarbeit einbinden. Mehr Spass haben weniger Stress. Täglich ein gutes Gedicht lesen. Daran arbeiten dass es besser wird (alles). Die LIBREAS nicht nur in Berlin lassen. Auf ein neues. Auf 2013.
Karsten Schuldt, Berlin 02.01.2013
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