Ein Dimmer in der Krisendämmerung. Bemerkungen zum vermeintlich wichtigsten Zweiseiter, den jeder wissenschaftliche Bibliothekar gelesen haben sollte.
von Ben Kaden
I
Über Twitter rotierte heute Morgen eine Nachricht mit dem Wortlaut
„The single most important 2-page opinion piece every academic librarian should read: http://bit.ly/puXBY3“ [1]
Der Superlativ selbst ist kurios, aber typisch für eine Rundum-Anlock-Information mit dem schmalen Zeichenvorrat, die Twitter zur Verfügung stellt und die den Sowohl-als-Auch-Schreibern wie mir schmerzlich Probleme bereitet, wird doch jede Nachricht in einer potentiell missverständlich gestutzten Form in die Webwelt gesendet. Die Präzision der zitierten Nachricht hat Vorbildcharakter und bedarf einiger Übung mit dem Medium. Man erfährt zwar nicht genau, worum es sich inhaltlich handelt, wohl aber, dass der Text kurz ist (zwei Seiten nur!) und eine Meinung wiedergibt, nicht etwa einen Bericht oder Forschung. Es handelt sich also um einen Diskussionsbeitrag, den man nebenbei lesen nicht nur kann sondern unbedingt sollte. Jedenfalls wenn man ein „academic librarian“ ist. Für die Zielgruppe ist er prinzipiell obligatorisch („every“) bzw. aufgrund seiner herausragenden Position „the single most-important“ (jedenfalls unter den Zweiseitern) zur Kenntnis unverzichtbar. Wenn alle diesen Text lesen, wird höchstwahrscheinlich heute auch jeder darüber reden.[2]
Mit dieser Erwartung ruft man nun den Preprint zu Rick Andersons „Guest-Editorial“[3] in der Juli-Ausgabe des The Journal of Academic Librarianship ab. In diesem geht es, wieder einmal, um die Krisis, also den entscheidenden Wendepunkt. Diese entscheidenden und damit in sich schon superlativen Wendepunkte gibt es im Bibliothekswesen ziemlich häufig. In der Januar-Ausgabe des Jahre 1993 derselben Zeitschrift erschien ein Text mit dem Titel The academic library: A time of crisis, next term change, and opportunity[4](Vierseiter) . In der Mai/Juni-Ausgabe 2002 fragte Peter Hernon in einem Editorial: The crisis ignored or addressed?[5] (Einseiter). Nun also 2011. Es scheint ein Neun-Jahres-Phänomen zu sein.
Paula Warnken fasste dagegen im Juli 2004 das, was geschieht, in einen klaren stimmigen Titel: New Technologies and Constant Change: Managing the Process[6]. Wo technisch innoviert wird, sei es nun im Bereich von Lochkarte und Mikrofilm oder von SPARQL und RDF, wendet sich immer das Blatt. Und wenn es unterm Book-Eye-Scanner ist. Der inflationäre Gebrauch der Krise ist überall dort bekannt, wo besonders Aufmerksamkeit erregt werden soll. Der Blick ins Merriam-Webster zeigt fürs Englische drei Konzeptdimensionen an:
a : the turning point for better or worse in an acute disease or fever b : a paroxysmal attack of pain, distress, or disordered function c : an emotionally significant event or radical change of status in a person’s life <a midlife crisis>[7]
Ohne Zweifel ist die Verwendung in Bibliotheksumfeld bei enger Auslegung darin schwer unterzubringen. Besonders „disordered function“ dürfte sich anbieten. Oder auch distress. Die Frage ist, ob es besser wird, wenn man sich dieses „Wir sind nicht ok!“ ständig vorführt. Da dürfte die Psychoanalyse geteilter Meinung sein. Wenn ich entscheiden dürfte, würde ich einen logotherapeutischen Ansatz verschreiben.
Abstrakt gesehen passt es natürlich immer, denn die Krisis hat denselben Ursprung wie Kriterium und bezieht sich auf etwas Entscheidendes. Und es vergeht in hochkomplexen und interdependenten Gesellschaften kaum ein Moment, in dem nicht etwas Entscheidendes geschieht. Vom selben Wortstammbaum fällt übrigens auch der Apfel der Kritik. Mit der kann man nun die Verwendung des Ausdrucks „Krise“ beleuchten und feststellen: Die Krise als Metapher ist momentan so angesagt wie Paisley-Hemden. Aber eben wie diese nicht zu jedem Anlass passend.
II
Jeder weiß natürlich, dass abgesehen von der etymologischen Rosinenzählerei, mit der Überschrift The Crisis of Librarianship nichts anderes als die Aussage in den Raum gestellt wird, dass sich das Bibliothekswesen – in dem Fall das wissenschaftliche – an einem entscheidenden Wendepunkt befindet. Man kann seitenlang über den inflationären Verschleiß von wohlklingenden Gräzismen lamentieren. Wichtiger ist in diesem Fall aber, zu ergründen, wieso der Associate Director for Scholarly Resources & Collections einer Bibliothek der University of Utah den Wendepunkt gerade jetzt sieht. Und was dies konkret bedeutet.
Als Ausgangspunkt wählt er ein bekanntes Phänomen: Wir haben einen Überfluss an Information bzw. eigentlich an Bitstreams, also potentieller datenförmiger Information oder Redundanz. Jeder Text zum Thema legt freilich noch eine Schippe drauf – sein Zweiseiter wie genauso wie mein Fünfseiter dazu. Hier zeigt sich die berühmte Verdopplungsrate der wissenschaftlichen Literatur anschaulich vorgelebt.
Die funktionale Grundausrichtung der Bibliotheken dagegen, so die These Andersons, fokussiert nach wie vor den Informationsmangel. Dieses Funktionsdispositiv – die Bedarfsdeckung mit einer Mangelware – war lange Jahre angemessen Leitbild bildend, ist nun aber nicht nur verblasst, sondern auch sinnlos geworden. Jedenfalls in den Augen der Nutzer. Diese heißen, dies nebenbei zur Kunde/Nutzer/Leser-Debatte, in den USA Patrons, was die Abhängigkeit der Bibliothek von den Nutzern und der Nutzung deutlicher herausstreicht, als es jede deutsche Entsprechung könnte.
Anderson betont, wie jeder weiß, dass das Googleversum in der Versorgung der Informationsbedürftigen häufig nur Placebos bietet, wo die Bibliotheken über Hochleistungsmedizin verfügen. Aber darum geht es ihm an diesem Krankenbett der „growing crisis in librarianship“ nicht. Denn der Patient muss die Tropfen auch nehmen wollen. Es geht ihm folglich um die Wahrnehmung der Bibliothek durch die Nutzer. Drei Thesen (facts) erscheinen ihm bei seiner praktischen Phänomenologie des wissenschaftlichen Bibliothekswesens entscheidend:
- Die Wahrnehmung ist wichtiger als die Wirklichkeit. (Perception matters more than reality.)
- Die Nutzer sind nicht mehr so abhängig von der Bibliothek wie zu einem früheren Zeitpunkt. (Patrons genuinely do not need librarians as much as they once did.)
- Ein Wert, der nicht als solcher erkannt ist, ist wertlos. (Value that is not valued is not valuable.)
Daraus ergeben sich Konsequenzen: Es ist weniger von Bedeutung, was die Bibliotheken tatsächlich bieten, sondern wie sie die Wahrnehmung und damit die Deutung beim Nutzer und damit sein Nutzungsverhalten zu lenken vermögen. Der Nutzer ist dabei übrigens Kunde ist König und hat immer Recht:
„Furthermore, trying to convince patrons that they are wrong in their beliefs will, except in rare and isolated cases, be a losing battle”
Nutzungsforschung zielte in diesem Zusammenhang auf die Ermittlung tatsächlicher Erwartungen der Nutzer an die Bibliothek und eine entsprechende Adaption. Die zweite Erkenntnis markiert die Entzauberung eines tradierten Irrtums, der in der Annahme liegt, dass etwas so amorphes wie Information allein als Produkt taugt. Das Produkt ist die Dienstleistung, die Aufbereitung, der Zugang oder auch – in einer quasi-mathematischen Deutung – die Zusammenführung von Informationen. Information products meint natürlich immer die Vermittlungstätigkeit. Die technische Entwicklung, Automatisierung von Retrieval-Systemen und damit verbunden die Steigerung und Vermittlung von entsprechender Handlungskompetenz haben, wie Anderson betont, zur Folge,
„that patrons are finding information effectively without help; at the very least, they support the proposition […]—that patrons largely and increasingly consider themselves fully capable of doing so.“
Und nach der Prämisse Nummer 1 ist davon auszugehen, dass selbst die Consideration – in dem Fall in Gestalt der Selbstwahrnehmung der Nutzer – zureichend ist, um die Informationsdienstleistungen der Bibliotheken alt aussehen zu lassen. Bibliotheken genießen zwar immer noch einen exzellenten Ruf, wie die „heartwarming“ Ergebnisse von Image-Umfragen zeigen. Aber man nimmt sie doch nicht in Anspruch. Es geht ihnen also ein wenig wie arte oder dem verblichenen zdf.Theaterkanal, der als auf „zeitgemäß“ getrimmtes buntes Kulturprogramm – jedenfalls von mir – auch nicht öfter, eher seltener eingeschaltet wird.
Die dritten These stellt die Diskrepanz zwischen dem edel sei die Bibliothek, nicht kommerziell und trotzdem gut und der beinharten Realität heraus, dass
„whether we like it or not, we are working in an information environment the dynamics of which are very much like those of a free market, except that the currency spent by our “customers” is not money, but time and attention.”
Die Ökonomie der Aufmerksamkeit gewinnt immer dann an Bedeutsamkeit, wenn ein Übermaß an Angebot (und sei es gratis) knappen Ressourcen zur Wahrnehmung des Angebots entgegen tritt. Wer mit Lebenszeit bezahlt, dem ist gratis möglicherweise immer noch zu teuer. Anderson holt den Katalog als Beispiel hervor, der aus der Sicht der Bibliothekare ein exzellentes Produkt darstellt, aber, „if our patrons doubt that the catalog will return good value in exchange for the time and energy required to use it, then whatever value the catalog may actually contain becomes irrelevant.“
Anderson zitiert an dieser Stelle eine Schlussfolgerung aus der Katalogforschung Karen Calhouns, die da lautet, dass dieses Informationsprodukt nicht deshalb zwingend an Wert gewinnt, wenn wir mehr investieren. Sorgfalt ist mitunter dort zu viel des guten, wo quick-and-dirty funktioniert – eine schöne Lehre aus dem Web 2.0, in dem sich oft die simpelsten Ideen (Verknüpfung des SMS-Prinzips mit einer stabilen Webadresse und Kopplung des Ganzen mit der Idee eines rudimentären Sozialen Netzwerks=Twitter) gegenüber weitaus ausgefeilteren Ansätzen durchsetzen. Das Prinzip der Aufmerksamkeitsökonomie adressiert mit Simplizität (oder Schein-Simplizität) den Zustand einer wahrgenommenen permanenten Überforderung. Allerdings vergessen die auf diesen Zug aufspringenden Nutzer bisweilen, dass der Mehrwert des „Keep-it-Simple“ nahezu zwangsläufig in eine weitere Komplexität führt. Statt einfach die Fahrt zu genießen und aus dem Fenster auf die sommerlichen Felder zu schauen und sich an vorbeihuschenden fröhlich äsenden Rehlein am Waldrand zu erfreuen, wird die Zeit genutzt, um Kommentare zum „ single most important 2-page opinion piece every academic librarian should read“ zu erfassen.[8] Man tauscht einen undurchschaubaren Zwang gegen einen anderen und vermutlich ist dies das Schicksal des Homo Faber. Wenn er an einer Seite etwas ändert, verändert sich automatisch auch etwas an der anderen.
III
Die wissenschaftlichen Bibliotheken sehen sich auf diesem Aufmerksamkeitsmarkt insofern herausgefordert, dass ihnen im digitalen Raum tatsächlich Mitwettbewerber entgegentraten, die ihre Kohlekraftwerke der wissenschaftlichen Informationsversorgung mit schnelleren Brütern und zahllosen Windräder und Sonnenkollektoren konfrontieren. Der Informationsstrom im Terrabyte-Umfang kommt dabei für den Nutzer über dieselbe Leitung, hat aber nicht nur in der Erzeugung sondern auch in der Ausgabe (hier der Unterschied zur Energiewirtschaft) eine andere Präsentation. Und die Wissenschaftsöffentlichkeit scheint auf diese einzusteigen.
Allerdings schnitzt Anderson ein wenig grobes Holz, wenn er die Realität der Bibliotheken auf folgenden Zustand herunterbricht:
„For our part, in research libraries we still tend to treat books as if they are primarily tools for linear reading, and metadata records as artisanal products. We still build collections that are fenced off from the larger information world and encourage our patrons, against all reason, to begin their information searches within the confines of our artificially limited collections.”
Ich bezweifle sehr, dass man diesen Status (wenigstens als State of Mind) in den wissenschaftlichen Bibliotheken des Jahres 2011 noch pauschal konstatieren kann. Andererseits gibt es Szenarien, in denen das lineare Lesen eines Buches sinnvoll ist und die Eingrenzung einer Sammlung im Sinne einer Komplexitätsreduzierung gerade dem Bedürfnis dauerüberforderter Nutzer entspricht. Das Kernproblem liegt für sowohl für Nutzer wie für Bibliotheken darin, den Überfluss in eine handhabbare Fassung zu bringen. Ein Zaun (freilich mit Pforte) kann diesem Zweck durchaus dienen.
Gerade wenn es nur auf die Wahrnehmung durch die Nutzer ankommt, wie Anderson uns glauben machen möchte, müsste eigentlich genug Potential existieren, um diese Position zu etablieren. Man kann natürlich ohne Wimpernzucken die marginalisierten und doch nach wie vor pflege- und ausbaubedürftigen Dienste als Grundproblem benennen. Man könnte aber auch nach dem konstruktivistischen Ansatz, den Anderson offensichtlich verfolgt, die Frage nach dem Bibliotheksbewusstsein und der Diversität der Nutzergruppen stellen. Sind wissenschaftliche Bibliotheken ein Dienst für die Masse oder ein Dienst für bestimmte Nischenansprüche? Interpretiert man die wissenschaftliche Bibliothek in ihrer Aktualisierung vor allem als forschungsunterstützende Institution, dann erweisen sich auch die komplexen und standardisierten Katalog als ausgesprochen sinnvoll. Nicht nur digitale Geisteswissenschaften können an diesen Korpora bequem mit ihren Werkzeugen andocken. So, wie sie es in gewisser Weise ganz traditionell tat, steht die Aufbereitung von Datenmaterial (ehemals Publikationen) in den Sternen einer Zukunft dieser Institutionen.
Ich denke also, dass der Maßstab der Menge von Patrons, die in die Bibliotheken strömen oder tröpfeln und an denen Anderson die Frage Can the research library go out of business? aufhängt und durch seine Argumentation baumeln lässt, selbst den Entwicklungsspielraum unterschätzt. Forschungsunterstützende Dienstleistungen sind etwas, was die Forscher mehr honorieren dürften, als die Minimierung der Katalogoberfläche auf einen Google-artigen Eingabeschlitz.
Anderson schließt seine Betrachtung mit einem leidlich deprimierenden Ausblick inklusive einem überzogenen Appell, sich doch völlig den Nutzererwartungen hinzugeben:
“We must look with cold and hard-headed rationality at our current practices and ask ourselves not what value they offer, but rather what value our patrons believe they offer. If what we offer our patrons is not perceived as valuable by them, then we have two choices: change their minds, or redirect our resources. The former is virtually impossible; the latter is enormously painful. But the latter is possible, and if we do not undertake such a redirection ourselves, it will almost certainly be undertaken for us.“
Es steht außer Frage, dass die wissenschaftliche Bibliothek eine Dienstleistung für die Wissenschaft war, ist und bleiben wird. Aber gerade deshalb erwarten Nutzer mit Verstand – was Wissenschaftler naturgemäß sind – dass sie mitdenkt. Die Bibliothek soll ihre Arbeit stützen, ihnen unnötige Arbeit abnehmen und die Komplexität der Welt explizierter Informationen so reduzieren, dass am Ende eine überschaubare Lektüremenge für die Zielgruppe mit ihrem Erkenntnisziel übrig bleibt. Hier die letzten 150 Jahre bibliothekarischer und bibliothekswissenschaftlicher Forschung als Alteisen verwerfen zu wollen, ist das ungeschickteste, was man tun kann. Dazu gehört auch ein wenig Selbstbewusstsein in Bezug auf die eigenen Werte.
Diese höchst wankelmütige Wertzuschreibung, die Nutzer mit sich tragen, zu kanalisieren, ist erfahrungsgemäß besonders dann, wenn sich Überforderung besonders Bahn bricht und eine wichtige Arbeit auseinanderzubrechen droht, nicht unmöglich. Wenn man von wissenschaftlichen Bibliotheken etwas einfordern möchte, dann vielleicht, dass sie noch gestaltender und zugleich kommunikativer und zugleich Zielgruppen nah kooperierend auftreten. Begrenzte Auswahl ist dann einer unendlichen Bibliothek von Babel vorzuziehen, wenn sie relevant ist und dynamisch erweiterbar. Die Antizipationskraft der wissenschaftlichen Bibliothekare über zukünftige Bedarfe sollte sich nicht von der der fachwissenschaftlichen Zielgruppe unterscheiden. Und was die “large faculties of librarians whose services are decreasingly demanded by researchers“ anbelangt, könnte tatsächlich ein Problem darin bestehen, dass man Kosten spart, in dem man zunehmend kein wissenschaftliches Bibliothekspersonal beschäftigt.
Insgesamt sollte man davon ausgehen dürfen, dass dort, wo es darauf ankommt – nämlich in der Wissenschaft – Qualität vernünftigerweise Quantität vorgezogen wird. Es spricht also nichts dagegen, zu fragen, wie die Qualität der entsprechenden Dienstleistungen erhöht werden kann.
“And we continue to view the comprehensive and well-crafted library collection as an end in itself.”
Ob dies wirklich verwerflich ist, ist immer eine Frage der Perspektive. Der Wissenschaft setzt der Markt ja gemeinhin eine ähnliche Pistole auf die Brust, wenn argumentiert wird, dass die freie und offene Suche nach Erkenntnis nicht der Endzweck wissenschaftlicher Forschung sein kann. Auch das ist richtig, denn Wissenschaft ist immer in soziale Zusammenhänge zu integrieren und gleiches gilt auch für die Bibliotheken. Aber mit einem trivialen Verständnis marktradikaler Ideologien das Argument zu pflegen, man muss immer nur die Markenentwicklung forcieren und nach dem Wind die Fähnchen aufziehen, die die Nutzer gerade bevorzugen, pervertiert diese elementare Relationalität, weil sie sie auf ein noch schwankenderes Podest zwingt. Wenn man von so etwas wie dem zivilisatorischen Fortschritt ausgeht, dann sollte man gerade bei der Öffentlichkeit dienenden Institutionen wie Wissenschaft und wissenschaftlichen Bibliotheken die Ideologie des Survival of the Fittest zu relativieren versuchen, indem man sich andere Ziele setzt, als nur das Bestehen im Wettbewerb.
Natürlich ist das anstrengend, im Resultat genauso ungewiss und permanent bedroht. Im 21. Jahrhundert sollten wie es uns jedoch leisten können, etwas Bedrohtes zu erhalten und zu pflegen, denn die Erfahrung der Geschichte zeigt, dass zuweilen genau an diesen Punkten das entsteht, was sich auf lange Sicht den Tageskalkulationen als weit überlegen erweist.
Für solch ein mühsames Streben auf ein bestimmtes Ziel zu gibt es im Englischen ein hübsches Wort: nisus. Und wenn man es richtig ausspricht, dann reimt es sich ganz gut auf – crisis.
[4] Von Richard M. Dougherty und Ann P. Dougherty. Volume 18, Issue 6, January 1993, S. 342-346. http://dx.doi.org/10.1016/0099-1333(93)90003-N
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